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Spekulationsgewinn bei teilentgeltlicher Immobilienübertragung möglich
Tue, 15 Jul 2025 10:42:00 +0200
Wird eine private Immobilie innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist teilweise entgeltlich auf ein Kind im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, kann dies zu einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn führen. Denn die Übertragung ist in ein voll entgeltliches Geschäft und in ein voll unentgeltliches Geschäft aufzuteilen, so dass bezüglich des voll entgeltlichen Anteils ein Spekulationsgewinn entsteht, wenn der Veräußerungserlös höher ist als die anteiligen Anschaffungskosten.
Hintergrund: Der Verkauf von Immobilien des Privatvermögens mit Gewinn innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist ist steuerpflichtig. Wird ein Grundstück unentgeltlich übertragen, wird dem Beschenkten die Anschaffung durch den Schenker zugerechnet.
Sachverhalt: Der Kläger erwarb im Jahr 2014 eine Immobilie zum Preis von 143.950 € und finanzierte den Erwerb mit einem Bankkredit. Der Kläger vermietete das Grundstück und nahm Abschreibungen vor. Im März 2019 übertrug er die Immobilie auf seine Tochter T. T übernahm das Darlehen, das zu diesem Zeitpunkt noch mit 115.000 € valutierte. Der Verkehrswert der Immobilie betrug im März 2019 210.000 €. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Übertragung im Umfang von 54,76 % entgeltlich gewesen sei, weil T das Darlehen mit einem Stand von 115.000 € übernommen, der Verkehrswert des Grundstücks aber 210.000 € betragen hatte (115.000 : 210.000 = 54,76 %). Es gelangt so zu einem Spekulationsgewinn in Höhe von ca. 40.000 €.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Die Übertragung auf T war teilentgeltlich erfolgt, da T nur eine Gegenleistung in Höhe von 115.000 € durch Übernahme des Darlehens erbringen musste, sie hierfür aber das Grundstück mit einem Verkehrswert von 210.000 € erhielt.
Bei einer teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts des Privatvermögens ist die Übertragung in ein voll entgeltliches Geschäft und in ein voll unentgeltliches Geschäft aufzuteilen. Denn auch die gesetzliche Regelung über Spekulationsgewinne unterscheidet zwischen vollentgeltlichen Übertragungen und unentgeltlichen Übertragungen, bei denen dem Einzelrechtsnachfolger die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen ist.
Die Aufteilung richtet sich nach dem Verhältnis des Kaufpreises zum Verkehrswert. Dies führte zu einem entgeltlichen Anteil von 54,76 % (115.000 : 210.000). Daher waren vom Entgelt in Höhe von 115.000 € die Anschaffungskosten (ursprünglich: 143.950 €) mit einem Anteil von 54,76 % (= 78.828 €) abzuziehen. Der Spekulationsgewinn erhöhte sich noch um die Abschreibungen der Jahre 2014 bis März 2019, die nach dem Gesetz hinzurechnen sind, so dass sich ein Spekulationsgewinn von rund 40.000 € ergab.
Hinweise: Für den BFH war unbeachtlich, dass der Veräußerungserlös (115.000 €) niedriger war als die ursprünglichen Anschaffungskosten des Klägers von 143.950 €; denn aufgrund der Aufteilung in einen vollentgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil waren die Anschaffungskosten nur mit einem Anteil von 54,76 % anzusetzen.
Neben dem einkommensteuerlichen Spekulationsgewinn droht möglicherweise noch eine Belastung der T mit Schenkungsteuer, sofern T weiteres Vermögen vom Kläger zugewendet wird bzw, wurde (Freibetrag bei Kindern: 400.000 € bei Schenkungen innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren). Bei der Schenkungsteuer wird jedoch nur der voll unentgeltliche Teil der Übertragung besteuert. Der T sind 95.000 € geschenkt worden (Verkehrswert 210.000 € - Verbindlichkeiten 115.000 €). Die Schenkungsteuer war jedoch nicht Gegenstand des aktuellen Verfahrens.
Quelle: BFH, Urteil vom 11.3.2025 – IX R 17/24; NWB
Bundesrat billigt Verlängerung der Mietpreisbremse
Mon, 14 Jul 2025 08:25:00 +0200
Der Bundesrat hat am 11.7.2025 die Verlängerung der Mietpreisbremse gebilligt. Damit läuft die Mietpreisbremse weiter bis zum 31.12.2029.
Im Kern regelt die Mietpreisbremse, dass die Miete bei der Neu- und Wiedervermietung die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens zehn Prozent übersteigen darf. Dies gilt nur für Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten. Dazu zählen Regionen, in denen die Mieten deutlich stärker steigen als im Bundesdurchschnitt oder in denen die Bevölkerung besonders stark wächst, ohne dass der Wohnungsneubau damit Schritt hält. Welche Gebiete dazu gehören, legen die jeweiligen Landesregierungen fest
Die Mietpreisbremse existiert seit 2015. Ohne die Verlängerung würde sie zum auslaufen. Zudem konnte bisher ein Gebiet nur für die Dauer von fünf Jahren zum angespannten Wohnungsmarkt erklärt werden – diese zeitliche Einschränkung entfällt nun.
Die Verlängerung der Mietpreisbremse begründet der Bundestag mit dem weiter angespannten Mietwohnungsmarkt in Ballungszentren. Liefe die Mietpreisbremse zum Ende des Jahres aus, könnte dies zusammen mit den steigenden Energiekosten und den anderweitig hohen Preisen dazu führen, dass Menschen mit niedrigem, aber auch durchschnittlichem Einkommen – insbesondere Familien mit Kindern – aus ihren angestammten Wohnvierteln verdrängt werden.
Hinweis: Da der Vermittlungsausschuss nicht angerufen wurde, kann das Gesetz nun ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Es tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Quelle: BundesratKOMPAKT, Meldung v. 11.7.2025; NWB
Anrechnung der Gewerbesteuer bei Personengesellschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr
Fri, 11 Jul 2025 08:24:00 +0200
Bei einer unternehmerisch tätigen Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft), die ein abweichendes Wirtschaftsjahr hat, richtet sich der Anteil des einzelnen Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag, der ihm die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer ermöglicht, nach der Beteiligung des Mitunternehmers am Ende des abweichenden Wirtschaftsjahres. Stirbt der Mitunternehmer nach dem Ende des abweichenden Wirtschaftsjahres, aber vor dem Ende des Kalenderjahres, wird für ihn ein Anteil am Gewerbesteuermessbetrag festgestellt.
Hintergrund: Gewerbesteuerpflichtige Einzelunternehmer können sich die Gewerbesteuer bis zur Höhe von 400 % des Gewerbesteuermessbetrags auf die Einkommensteuer anrechnen lassen. Dies erfolgt durch eine sog. Ermäßigung der Einkommensteuer. Im Ergebnis unterbleibt damit eine Doppelbelastung durch Einkommen- und Gewerbesteuer, soweit der Hebesatz zur Gewerbesteuer nicht höher als 400 % ist.
Die Anrechnung der Gewerbesteuer ist auch bei gewerbesteuerpflichtigen Personengesellschaften möglich, soweit an der Personengesellschaft natürliche Personen beteiligt sind. Hierzu wird der Anteil des einzelnen Gesellschafters am Gewerbesteuermessbetrag der Mitunternehmerschaft einheitlich und gesondert festgestellt; die eigentliche Anrechnung der Gewerbesteuer erfolgt dann im Einkommensteuerbescheid des Gesellschafters.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.7. bis zum 30.6. hatte. An der Klägerin war H mit 96,15 % beteiligt. H verstarb im August 2018 und wurde von seiner Ehefrau E und seiner Tochter T beerbt. Das Finanzamt stellte im Gewinnfeststellungsbescheid für 2018, in den der Gewinn aus dem Wirtschaftsjahr 1.7.2017 bis 30.6.2018 einging, für den verstorbenen H keinen Anteil am Gewerbesteuermessbetrag fest, sondern nur für E und T, weil diese am 31.12.2018 an der Klägerin beteiligt waren. Hiergegen wehrte sich die Klägerin, weil sie auf das Ende des abweichenden Wirtschaftsjahres (30.6.2018) abstellte, an dem H noch beteiligt gewesen war.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:
Hat eine Mitunternehmerschaft ein abweichendes Wirtschaftsjahr, kommt es für die Feststellung des Anteils des einzelnen Gesellschafters am Gewerbesteuermessbetrag auf das Ende des abweichenden Wirtschaftsjahres (30.6.2018) und nicht auf das Ende des Kalenderjahres (31.12.2018) an. Am 30.6.2018 war H aber noch an der Klägerin beteiligt.
Dass es auf das Ende des abweichenden Wirtschaftsjahres ankommt, ergibt sich daraus, dass der Gewinn der Mitunternehmerschaft nach dem Wirtschaftsjahr und nicht nach dem Kalenderjahr ermittelt wird. Für die Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags kommt es auch auf den Gewinnverteilungsschlüssel am Ende des Wirtschaftsjahres an. Dies spricht dafür, auf die Beteiligungsverhältnisse am Ende des abweichenden Wirtschaftsjahres abzustellen.
Hinweise: Das Urteil hat nur Bedeutung für Mitunternehmerschaften mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr. Entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr, kommt es auf die Beteiligungsverhältnisse am 31.12. an, weil an diesem Tag sowohl das Kalenderjahr als auch das (identische) Wirtschaftsjahr enden.
Da die Klägerin das Verfahren gewonnen hat, kommt es nun im Einkommensteuerbescheid des H für 2018 zu einer Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer. Für die auf diese Weise geminderte Einkommensteuer müssen E und T als Erben des H einstehen.
Quelle: BFH, Urteil vom 10.4.2025 – IV R 21/22; NWB
Gewerblicher Grundstückshandel bei Grundstücksveräußerung nach Ablauf des sog. Fünfjahreszeitraums
Thu, 10 Jul 2025 07:56:00 +0200
Ein gewerblicher Grundstückshandel kann nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu verneinen sein, wenn eine Vermietungs-GmbH 15 Grundstücke mit mehr als 145 Wohn- und Geschäftseinheiten kauft und diese erst sechs bzw. acht Jahre danach verkauft, weil einer der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer überraschend verstorben ist. Der Vermietungs-GmbH steht dann die sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung zu, so dass ihr Gewinn aus der Vermietungstätigkeit sowie aus dem Verkauf der Grundstücke nicht der Gewerbesteuer unterliegt.
Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung sowie aus dem Verkauf der vermieteten Immobilie unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Die erweiterte Kürzung wird nicht gewährt, wenn die Immobiliengesellschaft einen gewerblichen Grundstückshandel betreibt.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die im Jahr 2007 von B und C gegründet wurde, die auch Geschäftsführer der Klägerin waren. Unternehmensgegenstand der Klägerin war die Vermietung von Immobilien. Die Klägerin erwarb im Jahr 2007 15 Immobilien mit insgesamt mehr als 145 Wohn- und Geschäftseinheiten. Der Gesellschafter-Geschäftsführer C verstarb im Jahr 2012 überraschend im Alter von 55 Jahren, so dass B nun alleiniger Geschäftsführer war. Die Klägerin veräußerte daraufhin im Jahr 2013 dreizehn Immobilien und im Jahr 2015 zwei Immobilien. Sie beantragte für die Streitjahre 2011 und 2013 die erweiterte Gewerbesteuerkürzung, die das Finanzamt unter Hinweis auf einen gewerblichen Grundstückshandel der Klägerin ablehnte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Die Klägerin betrieb keinen gewerblichen Grundstückshandel, sondern war nur vermögensverwaltend tätig.
Ein gewerblicher Grundstückshandel wird nach der Rechtsprechung auf der Grundlage der sog. Drei-Objekt-Grenze typisierend angenommen, wenn der Steuerpflichtige innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb der Grundstücke mehr als drei Immobilien veräußert. Die Klägerin hat die Drei-Objekt-Grenze nicht überschritten, da sie erst im sechsten Jahr nach dem Erwerb der Immobilien Grundstücke veräußert hat.
Allerdings kann ein gewerblicher Grundstückshandel auch dann vorliegen, wenn erst nach Ablauf der fünf Jahre in relativ kurzer Zeit planmäßig weitere Immobilien veräußert werden oder wenn viele Immobilien nach Ablauf der fünf Jahre veräußert werden oder wenn der Steuerpflichtige im Baubereich hauptberuflich tätig ist, also eine Nähe zum Grundstückshandel aufweist.
Im Streitfall lag keiner dieser Fälle vor. Dies hat das Finanzgericht (FG) als Vorinstanz aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls angenommen; an diese Würdigung des FG ist der BFH gebunden, da sie möglich ist und da das FG bei seiner Würdigung keine Verfahrens- oder Denkfehler begangen hat. So hat das FG zugunsten der Klägerin den Umstand berücksichtigt, dass die Klägerin innerhalb des Fünf-Jahreszeitraums keine Immobilie veräußert hat und auch keine Grundstücksveräußerung für die Zeit nach Ablauf des Fünf-Jahreszeitraums vorbereitet hat. Indizien für eine – von Anfang an bestehende – bedingte Veräußerungsabsicht gab es nicht. Wesentlicher Grund für die Veräußerung der Immobilien in den Jahren 2013 und 2015 war nach der Sachverhaltswürdigung durch das FG der überraschende Tod des Geschäftsführers C im Jahr 2012.
Hinweise: Wird die Drei-Objekt-Grenze überschritten, spielt es grundsätzlich keine Rolle, weshalb die Immobilien innerhalb des Fünfjahreszeitraums verkauft wurden. Daher gehen auch Verkäufe aufgrund einer persönlichen oder finanziellen Notlage, z.B. wegen Überschuldungsgefahr oder Scheidung, in die Ermittlung der im Fünfjahreszeitraum veräußerten Objekte ein. Im Streitfall ging es jedoch nicht um Verkäufe innerhalb des Fünfjahreszeitraums, sondern um Grundstücksveräußerungen nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums. Der BFH hat es nicht beanstandet, dass das FG hier die besonderen Beweggründe für den Verkauf berücksichtigt hat, nämlich den überraschenden Tod des Gesellschafter-Geschäftsführers C.
Zu beachten ist, dass sich der BFH auf die Sachverhaltswürdigung durch das FG stützt. Es ist denkbar, dass ein anderes FG den Sachverhalt anders würdigen und zu einer Klageabweisung gelangen würde. Solange die Sachverhaltswürdigung durch das FG nicht fehlerhaft und möglich ist, kann der BFH die Sachverhaltswürdigung des FG nicht durch eine eigene Würdigung ersetzen.
Quelle: BFH, Beschluss vom 20.3.2025 - III R 14/23; NWB
Dienstwagennutzung durch Arbeitnehmer sowie Kosten für Ferienlager
Tue, 08 Jul 2025 08:28:00 +0200
Trägt der Arbeitnehmer Kosten für den Dienstwagen selbst, mindern diese Kosten nicht den steuerpflichtigen geldwerten Vorteil, der sich aus der privaten Nutzungsmöglichkeit des Dienstwagens ergibt, wenn die Kosten während einer Privatfahrt angefallen sind und die Kosten in dem Fall, dass der Arbeitgeber sie getragen hätte, als zusätzlicher geldwerter Vorteil hätten versteuert werden müssen.
Außerdem hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Kosten für ein Ferienlager, an dem das Kind des Steuerpflichtigen in den Ferien teilnimmt, keine Kinderbetreuungskosten sind, die als Sonderausgaben berücksichtigt werden könnten.
Hintergrund: Kann der Arbeitnehmer einen Dienstwagen für Privatfahrten nutzen, muss er den sich hieraus ergebenden geldwerten Vorteil nach der sog. 1 %-Methode versteuern, d.h. mit monatlich 1 % des Bruttolistenpreises (zuzüglich der Kosten für die Sonderausstattung und einschließlich Umsatzsteuer). Sofern der Arbeitnehmer ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führt, kann er den geldwerten Vorteil auch anhand der auf die Privatfahrten tatsächlich entfallenden Aufwendungen ermitteln.
Nach dem Gesetz können Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben bis zur Höhe von 80 % der Aufwendungen, höchstens aber 4.800 € pro Kind, abgezogen werden. Bis einschließlich 2024 war der Abzug in Höhe von 2/3 der Aufwendungen, maximal 4.000 € pro Kind, möglich.
Sachverhalt: Der Kläger war Arbeitnehmer. Er durfte im Streitjahr 2014 einen Dienstwagen auch für Privatfahrten nutzen. Während einer Urlaubsreise zahlte er die Kosten für eine Autofähre. Er minderte den geldwerten Vorteil, der sich nach der sog. 1 %-Methode ergab, um die Kosten für die Fähre. Außerdem bezahlte er seinem minderjährigen Kind ein einwöchiges Ferienlager in den Sommerferien und machte die Kosten hierfür als Kinderbetreuungskosten geltend. Das Finanzamt ließ einen Abzug der Aufwendungen nicht zu.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Der geldwerte Vorteil, der sich aus der privaten Nutzungsmöglichkeit ergab und der in Höhe von 1 % des Bruttolistenpreises für den Pkw monatlich zu bewerten ist, war nicht um die Fährkosten zu mindern. Bei den Fährkosten handelt es sich vorliegend um Kosten, die ausschließlich von der Entscheidung des Arbeitnehmers abhängig sind, ein bestimmtes privates Ziel aufzusuchen. Derartige Kosten müsste der Arbeitnehmer, wenn die Kosten vom Arbeitgeber getragen würden, als eigenständigen, d.h. zusätzlichen geldwerten Vorteil versteuern. Der sich nach der sog. 1 %-Methode ergebende geldwerte Vorteil hätte also bezüglich der Fährkosten keine Abgeltungswirkung. Daher mindern die Fährkosten nicht den sich nach der 1 %-Methode ergebenden geldwerten Vorteil, wenn der Arbeitnehmer diese Kosten trägt.
Die Kosten für das Ferienlager sind keine Kinderbetreuungskosten im steuerlichen Sinne. Nicht zu den Kinderbetreuungskosten gehören Aufwendungen für Aktivitäten, die organisatorisch, zeitlich und räumlich getrennt von einer Kindertagesstätte, einem Schulhort oder einer ähnlichen Einrichtung stattfinden und bei denen nicht die altersbedingt erforderliche Kindesbetreuung, sondern die Aktivität im Vordergrund steht. Bei dem Ferienlager standen die Aktivitäten, insbesondere das Windsurfen, im Vordergrund und die Betreuung deutlich im Hintergrund.
Hinweise: Bezüglich des Dienstwagens setzt der BFH seine aktuelle Rechtsprechung fort. Zu einer Minderung des steuerpflichtigen geldwerten Vorteils kommt es nur, wenn der Arbeitnehmer entweder regelmäßige Nutzungsentgelte an den Arbeitgeber für die private Nutzung des Dienstwagens entrichtet, wenn er für einen bestimmten Zeitraum Einmalzahlungen für die private Nutzung leistet oder wenn er einen Teil der Anschaffungskosten für den Dienstwagen übernimmt.
Streitig war im aktuellen Fall auch noch die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Kinderfreibeträge im Veranlagungszeitraum 2014. Der BFH hat die Verfassungsmäßigkeit bejaht und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht abgelehnt.
Quelle: BFH, Urteil vom 23.1.2025 - III R 33/24 (III R 50/17); NWB
Bundestag beschließt Verlängerung der Mietpreisbremse
Mon, 07 Jul 2025 09:37:00 +0200
Der Bundestag hat am 26.6.2025 die Verlängerung der sog. Mietpreisbremse beschlossen. Die Mietpreisbremse begrenzt in ausgewiesenen Gebieten den Anstieg der Miete bei der Neuvermietung einer Wohnung. Die Regelung war zuletzt bis zum 31.12.2025 befristet und wird nun bis Ende 2029 verlängert.
Hintergrund: Die Mietpreisbremse erlaubt es den Landesregierungen, Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten per Rechtsverordnung auszuweisen. Als angespannt gilt ein Wohnungsmarkt, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Dies kann u.a. dann der Fall sein Fall, wenn die Miete in dem betroffenen Gebiet deutlich stärker steigt als im bundesweiten Durchschnitt oder die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt.
In diesen Gebieten darf die Miete bei einer Neuvermietung zu Beginn laut Gesetz höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Abweichungen von dieser Regelung greifen etwa nach einer umfassenden Modernisierung oder wenn die bisherige Miete bereits über der nach der Mietpreisbremse zulässigen Höhe lag. Gänzlich ausgenommen von der Regelung sind Wohnungen, die nach dem 1.10.2014 erstmals genutzt und vermietet wurden.
Hinweis: Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht zustimmen, hat jedoch das Recht, Einspruch einzulegen, womit nach derzeitigem Stand nicht zu rechnen ist.
Quelle: Entwurf eines "Gesetzes zur Änderung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn" (BT-Drucks. 21/322) in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung (BT-Drucks. 21/631); NWB
Registrierpflicht für elektronische Kassen: Frist endet bald
Fri, 04 Jul 2025 08:24:00 +0200
Unternehmen, die elektronische Kassensysteme oder vergleichbare digitale Aufzeichnungssysteme wie z.B. Tablet- Kassensysteme verwenden, müssen diese erstmals bis spätestens zum 31.7.2025 über die neue elektronische Schnittstelle der Finanzverwaltung registrieren und fortan Änderungen mitteilen. Hierauf macht das Ministerium der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg aufmerksam.
Hintergrund: Bereits seit dem Jahr 2020 besteht die Pflicht, elektronische Kassensysteme mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) auszustatten. Neu ist jedoch die zentrale Registrierungspflicht: Bis spätestens Ende Juli 2025 müssen alle elektronischen Aufzeichnungssysteme, die der Einzelaufzeichnungspflicht unterliegen, digital beim Finanzamt angemeldet werden. Dafür hat die Finanzverwaltung seit dem 1.1.2025 eine entsprechende Schnittstelle geschaffen.
Der Gesetzgeber hat bundesweit die Pflicht zur Kassenregistrierung eingeführt, um die Transparenz hinsichtlich der im Unternehmen verwendeten Kassensysteme und damit die Nachvollziehbarkeit der Geschäftsvorfälle zu erhöhen. Zusammen mit weiteren Maßnahmen wie zum Beispiel der Durchführung von Kassen-Nachschauen durch die Finanzämter bei den Unternehmen oder der Belegausgabepflicht soll somit Steuerbetrug bei Kassenaufzeichnungen im Bargeldbereich wirksam bekämpft werden.
Was müssen Unternehmen zur Kassenregistrierung wissen?
Über das Online-Finanzamt "Mein ELSTER" oder die ERiC-Schnittstelle müssen alle in einer Betriebsstätte eingesetzten elektronischen Aufzeichnungssysteme den Finanzbehörden gemeinsam in einer einheitlichen Mitteilung gemeldet werden. Die Meldung kann ausschließlich auf elektronischem Wege erfolgen.
Zu den elektronischen Aufzeichnungssystemen gehören beispielsweise Kassensysteme oder Registrierkassen, Tablet-/App-Kassensysteme, Waagen, die zur Erfassung und Abwicklung von baren Zahlungsvorgängen dienen können, die über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Dies gilt auch für Taxameter und Wegstreckenzähler (§ 146a Abs. 4 AO).
Zu den erforderlichen Angaben gehören:
Name des Steuerpflichtigen,
Steuernummer des Steuerpflichtigen,
Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung,
Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
Anzahl der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme,
Seriennummer des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
Datum der Anschaffung bzw. Datum der Außerbetriebnahme des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems.
Aktuell gelten folgende Übergangsregelungen:
Anschaffung bis 30.6.2025 | -> Anmeldung bis 31.7.2025 |
Anschaffung ab 1.7.2025 | -> Anmeldung innerhalb eines Monats |
Außerbetriebnahme bis 30.6.2025 | -> Abmeldung bis 31.7.2025 nur dann erforderlich, wenn sie zuvor angemeldet wurden |
Außerbetriebnahme ab 1.7.2025 | -> Abmeldung innerhalb eines Monats |
Hinweis:
Das Bundesfinanzministerium hat zur Registrierung eine Ausfüllanleitung (Stand: 2.12.2024) auf seiner Homepage bereitgestellt. Dort ist auch ein Fragen-Antworten-Katalog zum sog. Kassengesetz (Stand: 2.4.2025) veröffentlicht.
Quelle: u.a. Ministerium der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg, Pressemitteilung v. 30.6.2025; NWB
Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Juni 2025
Wed, 02 Jul 2025 08:23:00 +0200
Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Juni 2025 bekannt gegeben.
Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2025 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.
Quelle: BMF, Schreiben vom 1.7.2025 - III C 3 - S 7329/00014/007/084 (COO.7005.100.2.12380200); NWB
Mindestlohn soll in zwei Stufen steigen
Tue, 01 Jul 2025 08:33:00 +0200
Die Mindestlohnkommission hat am 27.6.2025 einstimmig beschlossen, den gesetzlichen Mindestlohn zum 1.1.2026 auf 13,90 € und zum 1.1.2027 auf 14,60 € brutto je Zeitstunde zu erhöhen. Hierbei handelt es sich um eine Empfehlung, die noch formell umgesetzt werden muss.
Hintergrund: Seit dem 1.1.2025 beträgt der gesetzliche Mindestlohn 12,82 € brutto je Zeitstunde.
Die Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns erfolgt durch einen Beschluss der Mindestlohnkommission. Dabei orientiert sich die Kommission im Rahmen einer Gesamtabwägung nachlaufend an der Tarifentwicklung sowie am Referenzwert von 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten, um die in der EU-Mindestlohnrichtlinie genannten Ziele zu erreichen. Die Bundesregierung kann die von der Mindestlohnkommission vorgeschlagene Anpassung des Mindestlohns ohne Zustimmung des Bundesrates für alle Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer verbindlich machen.
Hierzu führt die Mindestlohnkommission u.a. weiter aus:
Die Erhöhungsschritte sind Ergebnis einer Gesamtabwägung, die die Mindestschutzfunktion des gesetzlichen Mindestlohns festigt sowie die erwarteten Entwicklungen am Arbeitsmarkt und hinsichtlich der Konjunktur berücksichtigt.
Die vorliegenden Erkenntnisse zu den Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns auf die im Mindestlohngesetz genannten Evaluationskriterien hat die Kommission im Rahmen ihres Fünften Berichts an die Bundesregierung umfassend dokumentiert, der gemeinsam mit diesem Beschluss veröffentlicht wird. Die Mindestlohnkommission hat die Möglichkeit zur Durchführung einer Anhörung genutzt. Die Stellungnahmen sind in einem Ergänzungsband zum Fünften Bericht der Mindestlohnkommission enthalten.
Einzelne Gesichtspunkte wurden in der Kommission unterschiedlich diskutiert und bewertet. Vor dem Hintergrund der vorliegenden Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung sowie der Erkenntnisse zur Beschäftigungs- und Wettbewerbssituation hält die Mindestlohnkommission den Vorschlag der Vorsitzenden für vertretbar, den Mindestlohn in diesen Schritten zu erhöhen, um den Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wirksam zu verbessern.
Hinweis: Der Beschluss der Mindestlohnkommission muss formell vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung umgesetzt werden.
Quelle: u.a. Beschluss der Mindestlohnkommission vom 27.6.2025; NWB
Steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung Deutschlands
Mon, 30 Jun 2025 09:27:00 +0200
Der Bundestag hat am 26.6.2025 den Entwurf eines „Gesetzes für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ beschlossen. Das Gesetz sieht neben der Senkung des Körperschaftsteuersatzes u.a. die Wiedereinführung einer degressiven Abschreibung von 30 % pro Jahr für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens vor. Der Bundesrat muss dem Vorhaben noch zustimmen.
Die geplanten Maßnahmen im Überblick:
Wiedereinführung und Aufstockung der degressiven AfA ab Juli 2025 bis Ende 2027
Üblicherweise schreiben Unternehmen neu angeschaffte Maschinen, Geräte oder Fahrzeuge über die Jahre ihrer Nutzungsdauer linear, d. h. mit gleichbleibenden Jahresbeträgen vom Anschaffungswert, ab. Geplant ist, neben der linearen AfA bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens die sog. degressive AfA wieder einzuführen, und zwar im Umfang von maximal 30 % pro Jahr. Dies soll für Wirtschaftsgüter gelten, die nach dem und vor dem angeschafft oder hergestellt worden sind. Das bedeutet, dass Unternehmen bereits im Jahr des Erwerbs eines Wirtschaftsguts 30 % der Anschaffungskosten mit ihrem Gewinn verrechnen können. Im zweiten und dritten Jahr sollen erneut 30 % auf den restlichen Wert geltend gemacht werden können. Der bei der degressiven AfA anzuwendende Abschreibungssatz darf höchstens das Dreifache des bei der linearen Abschreibung in Betracht kommenden Prozentsatzes betragen.
Bereits in der Vergangenheit wurde die degressive AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mehrfach befristet wiedereingeführt – zuletzt für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.3.2024 und vor dem 1.1.2025 angeschafft oder hergestellt worden sind. Hierbei beträgt der Abschreibungssatz maximal das 2‑fache der linearen AfA, höchstens jedoch 20 % pro Jahr (s. hierzu unsere Mandanten-Information Juni 2024).
Schrittweise Senkung des Körperschaftsteuersatzes ab dem
Geplant ist, die Körperschaftsteuer von derzeit 15 % ab dem 1.1.2028 in fünf Schritten jedes Jahr um ein Prozent bis auf 10 % ab dem VZ 2032 zu senken.
Förderung der Elektromobilität
Ferner ist eine beschleunigte Abschreibung der Anschaffungskosten für betriebliche Elektrofahrzeuge mit fallenden Staffelsätzen geplant:
Im Jahr der Anschaffung 75 %,
im ersten Jahr danach 10 %,
im zweiten und dritten Folgejahr 5 %,
im vierten Folgejahr 3 % und
im fünften Folgejahr 2 %.
Die Regelung soll für E-Autos gelten, die nach dem und vor dem neu angeschafft werden. Zudem ist vorgesehen, die Bruttolistenpreisgrenze für die Besteuerung der privaten Nutzung elektrischer Dienstwagen, die nach dem 30.6.2025 angeschafft werden, von aktuell 70.000 € auf 100.000 € zu erhöhen.
Ausweitung der Forschungszulage
Darüber hinaus soll die Forschungszulage auf zusätzliche Gemein- und sonstige Betriebskosten ausgeweitet werden, wenn die förderfähigen Aufwendungen im Rahmen eines begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens, welches nach dem begonnen hat, entstanden sind. Dabei sollen die Gemein- und Betriebskosten über einen pauschalen Abschlag von 20 % berücksichtigt werden. Zudem ist eine Anhebung der maximalen Bemessungsgrundlage für nach dem 31.12.2025 entstandene förderfähige Aufwendungen von 10 Mio. € auf 12 Mio. € vorgesehen.
Schrittweise Senkung des Thesaurierungssteuersatzes für nicht entnommene Gewinne
Für Personengesellschaften soll der Steuersatz auf einbehaltene Gewinne künftig in drei Schritten von derzeit 28,25 % auf 27 % (Veranlagungszeitraum 2028/2029), 26 % (Veranlagungszeitraum 2030/2031) und 25 % (ab dem Veranlagungszeitraum 2032) abgesenkt werden.
Hinweis: Die Zustimmung des Bundesrats steht derzeit (Stand: 27.6.2025) noch aus. Möglicherweise erfolgt eine Verabschiedung des Gesetzes bereits vor der parlamentarischen Sommerpause. Über den weiteren Gang des Verfahrens und die endgültigen Regelungen werden wir Sie an dieser Stelle informieren.
Quelle: Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD für ein Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland in der Fassung der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (BT-Drucks. 21/629), Stand: 25.06.2025; NWB
Erlass von Säumniszuschlägen nach Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung
Fri, 27 Jun 2025 07:57:00 +0200
Ein Steuerpflichtiger kann den Erlass von Säumniszuschlägen beantragen, wenn sein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zwar keinen Erfolg hatte, so dass Säumniszuschläge verwirkt worden sind, jedoch das Einspruchs- bzw. Klageverfahren zu einer Herabsetzung der Steuer geführt hat. Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige seinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung begründet hatte. Ob es auch erforderlich ist, dass der Steuerpflichtige nach der Ablehnung seines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung durch das Finanzamt noch einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei Gericht stellt, hängt vom Einzelfall ab.
Hintergrund: Gegen Steuerbescheide, aus denen sich eine Nachzahlungsverpflichtung zu Lasten des Steuerpflichtigen ergibt, kann der Steuerpflichtige Einspruch einlegen und einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim Finanzamt und – nach dessen Ablehnung – beim Finanzgericht stellen, damit er die Nachzahlung zunächst nicht leisten muss. Wird die Aussetzung der Vollziehung gewährt, entfällt damit auch die Fälligkeit, so dass keine Säumniszuschläge entstehen. Wird der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung aber abgelehnt und die Steuer nicht bei Fälligkeit gezahlt, entstehen Säumniszuschläge. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige das eigentliche Einspruchs- oder Klageverfahren gegen den Bescheid später gewinnt.
Sachverhalt: Das Finanzamt erließ gegenüber den Klägern im Dezember 2018 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2012, aus dem sich ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von rund 1,1 Mio. € ergab. Die Nachzahlung beruhte auf dem Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen zu Lasten der Kläger in Höhe von ca. 4,2 Mio. €. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung beim Finanzamt; dieser Antrag sowie ein weiterer Antrag hatten jedoch keinen Erfolg. Die Kläger stellten beim Finanzgericht keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung und zahlten die Steuer nicht, so dass Säumniszuschläge verwirkt wurden. Im Einspruchsverfahren reichten die Kläger Unterlagen ein, die zu einem weitgehenden Erfolg im Einspruchsverfahren führten, so dass der Steuerbescheid im Februar 2020 geändert und die Steuer deutlich herabgesetzt wurde. Für den Zeitraum vom Januar 2019 bis Februar 2020 waren jedoch Säumniszuschläge in Höhe von ca. 143.000 € entstanden, deren Erlass die Kläger nun beantragten.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt einen Erlass der Säumniszuschläge für denkbar und verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurück:
Säumniszuschläge sind zu erlassen, wenn der Steuerpflichtige alles getan hat, um eine Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheids zu erreichen, hiermit aber beim Finanzamt oder beim Finanzgericht gescheitert ist, obwohl die Aussetzung der Vollziehung möglich und geboten gewesen wäre.
Erforderlich ist insbesondere, dass der Steuerpflichtige seinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung begründet hat. Außerdem muss er im weiteren Verlauf des Einspruchs- bzw. Klageverfahrens Erfolg gehabt haben.
Es hängt allerdings von den Umständen des Einzelfalls ab, ob der Steuerpflichtige auch noch beim Finanzgericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt haben muss, nachdem das Finanzamt seinen mit einer Begründung versehenen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hat. Grundsätzlich ist ein gerichtlicher Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht erforderlich. Denn wenn der Steuerpflichtige beim Finanzamt einen ausreichend begründeten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt hat, hat er im Allgemeinen alles Erforderliche getan, um eine Aussetzung der Vollziehung zu erlangen, die die Entstehung von Säumniszuschlägen verhindert.
Anders ist dies aber, wenn zu erwarten ist, dass das Finanzgericht den Antrag auf Aussetzung möglicherweise positiv beurteilt hätte. Dies ist etwa der Fall, wenn das Finanzamt bei seiner Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung an Verwaltungsanweisungen gebunden war. Das Finanzgericht ist hieran nicht gebunden und könnte daher anders entscheiden.
Hinweise: Das Finanzgericht muss nun aufklären, inwieweit die Säumniszuschläge auf der Steuernachzahlung beruhten, die durch den Änderungsbescheid aus Februar 2020 gemindert wurde; nur insoweit kommt ein Erlass in Betracht. Anschließend muss das Finanzgericht prüfen, ob die Kläger alles getan haben, um eine Aussetzung der Vollziehung zu erreichen. Dies hängt u.a. davon ab, ob die Kläger daran gehindert waren, die Unterlagen, die sie erst im Einspruchsverfahren eingereicht haben, schon im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung vorzulegen.
Quelle: BFH, Urteil vom 25.2.2025 – VIII R 2/23; NWB
Drohende Aufrechnung trotz laufenden Verfahrens auf Aussetzung der Vollziehung
Thu, 26 Jun 2025 09:43:00 +0200
Hat der Steuerpflichtige bei Gericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt und droht in diesem Verfahren eine Abtretung des Finanzamts an ein anderes Finanzamt, das gegenüber dem Steuerpflichtigen aufrechnen soll, kann der Steuerpflichtige einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Finanzgericht stellen, damit die Abtretung vorübergehend unterbunden wird.
Hintergrund: Erhält der Steuerpflichtige einen Steuerbescheid, aus dem sich eine Nachzahlungsverpflichtung zu seinen Lasten ergibt, kann er gegen den Bescheid Einspruch einlegen und einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim Finanzamt und ggf. beim Finanzgericht stellen, damit die Nachzahlung vorübergehend gestoppt wird. Voraussetzung ist, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen. Eine andere Art des Eilverfahrens ist die sog. einstweilige Anordnung, die statthaft ist, wenn ein Anspruch des Steuerpflichtigen vereitelt werden könnte.
Sachverhalt: Das Finanzamt A erließ gegenüber dem Antragsteller, der Geschäftsführer der C-GmbH gewesen war, einen Haftungsbescheid über einen Betrag von ca. 315.000 €; hierbei handelte es sich um Steuerschulden der C-GmbH. Der Antragsteller legte hiergegen Einspruch ein und beantragte am 20.2.2025 die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids beim Finanzgericht, nachdem das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte. Der Antragsteller wurde einkommensteuerlich beim Finanzamt B geführt, bei dem er einen Anspruch auf Steuererstattung erwartete. Während des gerichtlichen Verfahrens teilte das Finanzamt A am 7.3.2025 dem Gericht mit, dass es den Zahlungsanspruch aus dem streitigen Haftungsbescheid an das Finanzamt B abtreten werde, damit dieses gegenüber dem Antragsteller aufrechnen kann. Der Antragsteller stellte daraufhin beim Finanzgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, damit sichergestellt wird, dass sämtliche Vollstreckungsmaßnahmen bezüglich des Haftungsbescheids unterbleiben.
Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) gab dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung statt:
Ein Antragsteller, der einen gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellt, hat einen Anspruch auf ungestörte Durchführung des Verfahrens. Dies ergibt sich aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz.
Dieser Anspruch wird gestört, wenn das Finanzamt A als Antragsgegner während des Verfahrens die Vollstreckung betreibt, die durch den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gerade verhindert werden soll. Besonders wichtige Gründe für den sofortigen Vollzug des Haftungsbescheids sind im Streitfall nicht erkennbar.
Der Antragsteller kann daher mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erreichen, dass die Vollstreckung unterbleibt, bis über seinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung entschieden wird.
Hinweise: Das Finanzgericht untersagte daher dem Finanzamt A die Abtretung des Anspruchs aus dem Haftungsbescheid und hob – für den Fall, dass die Abtretung bereits erfolgt ist – die Abtretungserklärung des Finanzamts A auf.
Üblicherweise vollstrecken die Finanzämter nicht, wenn der Steuerpflichtige einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt hat, über den noch nicht entschieden ist. Die Vorgehensweise der beiden Finanzämter A und B ist daher ungewöhnlich, auch wenn streitig ist, ob eine Aufrechnung eine typische Vollstreckung ist. Unüblich ist aber auch, ein zweites Eilverfahren – hier den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung – „zwischenzuschieben“, um Luft für das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung zu haben. In der Praxis kann das Finanzamt durch einen Anruf des Gerichts von der Vollziehung abgehalten werden; gelingt dies nicht, weil das Finanzamt mitteilt, dass es gleichwohl vollstrecken will, kann der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vorgezogen und zugunsten des Steuerpflichtigen gerichtlich entschieden werden, damit eine Vollziehung unterbleibt, bis eine abschließende Entscheidung über mögliche ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids ergehen kann; man nennt dies auch „gerichtliche Hängeverfügung“.
Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.3.2025 – 9 V 9049/25; NWB
Grunderwerbsteuer: Rechtliche Zweifel an der Verlängerung der Nachbehaltensfrist bei Steuerbefreiungen
Tue, 24 Jun 2025 08:10:00 +0200
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im Rahmen eines Eilverfahrens rechtliche Zweifel geäußert, ob die gesetzliche Verlängerung der sog. Nachbehaltensfrist von fünf auf zehn Jahre bei der Übertragung eines Grundstücks von einer Personengesellschaft auf eine (teilweise) beteiligungsidentische Personengesellschaft rechtmäßig ist, wenn die Grundstücksübertragung vor dem Inkrafttreten der gesetzlichen Verlängerung am 1.7.2021 erfolgt ist.
Hintergrund: Die Grundstücksübertragung von einer Personengesellschaft auf eine andere Personengesellschaft ist grunderwerbsteuerfrei, soweit an den Personengesellschaften dieselben Gesellschafter beteiligt sind. Allerdings müssen dann die Gesellschafter an der übernehmenden Personengesellschaft noch zehn Jahre beteiligt bleiben, sog. Nachbehaltensfrist. Vor dem 1.7.2021 belief sich die Nachbehaltensfrist lediglich auf fünf Jahre.
Sachverhalt: Im Jahr 2015 wurde eine OHG gegründet, an der A, B und C beteiligt waren. A, B und C waren außerdem an einer KG beteiligt, die zwei Grundstücke besaß. Im Jahr 2018 brachte die KG die beiden Grundstücke in die OHG ein. Das Finanzamt behandelte diesen Vorgang als grunderwerbsteuerfrei, weil an beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter mit der jeweils selben Quote beteiligt waren. Das Finanzamt wies die OHG auf die – damalige – fünfjährige Nachbehaltensfrist hin. Im Jahr 2023, etwas mehr als fünf Jahre nach der Einbringung, wurde die OHG in eine GmbH umgewandelt, so dass A, B und C nicht mehr an einer Personengesellschaft beteiligt waren. Nachdem der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.7.2021 die fünfjährige Nachbehaltensfrist auf zehn Jahre verlängert hatte, besteuerte das Finanzamt im Jahr 2023 die im Jahr 2018 erfolgte Einbringung der beiden Grundstücke mit der Begründung, durch den Formwechsel sei die nunmehr geltende zehnjährige Nachbehaltensfrist verletzt worden; das Finanzamt erließ daher gegenüber der GmbH einen Grunderwerbsteuerbescheid. Hiergegen legte die GmbH Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzgericht gab dem Antrag statt, ließ aber die Beschwerde zum BFH zu, so dass nun der BFH entscheiden musste.
Entscheidung: Der BFH folgte dem Finanzgericht und gewährte die Aussetzung der Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids:
Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Grunderwerbsteuerbescheids. Denn es ist unklar, ob im Streitfall bereits die neue zehnjährige Nachbehaltensfrist gilt, so dass der Grunderwerbsteuerbescheid rechtmäßig wäre, oder ob noch die fünfjährige Nachbehaltensfrist galt, so dass der Grunderwerbsteuer rechtswidrig wäre.
Im Gesetz finden sich zwei unterschiedliche Übergangsregelungen zum Inkrafttreten der neuen zehnjährigen Nachbehaltensfrist, die widersprüchlich formuliert sind:
Nach der einen Übergangsregelung soll die neue zehnjährige Nachbehaltensfrist erstmals für Erwerbsvorgänge gelten, die nach dem 30.6.2021 verwirklicht wurden. Die zehnjährige Nachbehaltensfrist wäre danach im Streitfall nicht anwendbar, weil der Erwerbsvorgang, die Einbringung der beiden Grundstücke, bereits im Jahr 2018 erfolgt war.
Nach der anderen Übergangsregelung soll die neue zehnjährige Nachbehaltensfrist nicht gelten, wenn die fünfjährige Nachbehaltensfrist am 1.7.2021 bereits abgelaufen war. War sie noch nicht abgelaufen – wie im Streitfall – würde die Nachbehaltensfrist auf zehn Jahre verlängert werden. Diese Zehnjahresfrist wäre damit anwendbar, und sie wäre durch den Formwechsel im Jahr 2023 verletzt worden; aufgrund des Formwechsels von der OHG in die GmbH waren A, B und C nämlich nicht mehr an einer Personengesellschaft beteiligt.
Aus dem Gesetz ergeben sich keine Anhaltspunkte, wie sich die beiden einander widersprechenden Übergangsregelungen zueinander verhalten. Daher ist die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids auszusetzen.
Hinweise: Die Aussetzung der Vollziehung hat zur Folge, dass die GmbH, die aus der OHG hervorgegangen ist, die Grunderwerbsteuer erst einmal nicht zu bezahlen braucht, bis das Hauptsacheverfahren (Einspruchsverfahren und ggf. anschließend das Klageverfahren) abgeschlossen ist.
Der aktuelle Beschluss zeigt, wie ungenau der Gesetzgeber gearbeitet hat; denn nur eine der beiden Übergangsregelungen kann richtig sein. Für die Praxis ist es wichtig, dass etwaige Grunderwerbsteuerbescheide durch Einspruch angefochten werden und ggf. auch ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wird, wenn die Zahlung der Grunderwerbsteuer erst einmal vermieden werden soll. Sollte der BFH in einem späteren Hauptsacheverfahren der GmbH Recht geben, wären entsprechende Grunderwerbsteuerbescheide aufzuheben, bei denen der Erwerbsvorgang vor dem 1.7.2021 erfolgt ist und die Beteiligung an der übernehmenden Personengesellschaft erst nach Ablauf von fünf Jahren aufgegeben oder vermindert worden ist.
Quelle: BFH, Beschluss vom 10.4.2025 – II B 54/24 (AdV); NWB
Kleinflugzeug einer GmbH
Mon, 23 Jun 2025 08:22:00 +0200
Die Kosten für die Anschaffung eines Kleinflugzeugs durch eine GmbH, das der Geschäftsführer ausschließlich für Geschäftsreisen einsetzt, sind nicht zwangsläufig unangemessen, sondern können als Betriebsausgaben absetzbar sein. Für die Angemessenheit sprach im aktuellen Fall, dass der Geschäftsführer keine Privatpilotenlizenz besaß, dass der Betriebssitz der GmbH verkehrstechnisch schlecht an das Bahn- und Autobahnnetz angebunden war und dass die Kosten für die einzelnen Flüge nicht höher waren als für Reisen mit einem Charterflugzeug.
Hintergrund: Betriebsausgaben, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, sind nicht abziehbar, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung unangemessen sind. Sie werden dann außerbilanziell dem Gewinn wieder hinzugerechnet.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die ihren Standort in den Streitjahren 2017 bis 2019 in D hatte; der Ort D war an das Bahn- und Autobahnnetz nicht gut angeschlossen. Alleingesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin war A. Am 30.8.2017 erwarb die Klägerin ein gebrauchtes Kleinflugzeug zum Preis von 418.000 € netto. Im September 2020 verkaufte sie das Flugzeug für netto 405.000 €. Anschließend erwarb sie ein anderes gebrauchtes Kleinflugzeug, das sie im Jahr 2023 veräußerte, als die Klägerin in den verkehrstechnisch besser angeschlossenen Ort E umzog. Das Flugzeug wurde ausschließlich für betriebliche Zwecke genutzt, überwiegend von A, der keine Privatpilotenlizenz hatte, sondern einen Berufspiloten buchte. In den drei Streitjahren wurden 28 Flüge (2017), 38 Flüge (2018) und 21 Flüge (2019) durchgeführt; die Kosten für das Flugzeug beliefen sich auf ca. 55.000 € (2017), 128.000 € (2018) und 76.000 € (2019). Das Finanzamt hielt die Kosten für unangemessen und erkannte lediglich 17.000 € (2017), 21.000 € (2018) und 11.000 € (2019) an; dabei legte es die Entfernungspauschale von 0,30 €, einen Stundenlohn von 10 € für einen Chauffeur sowie die erforderlichen Hotelkosten zu Grunde.
Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Kriterien für die Unangemessenheit sind die Höhe der Einnahmen und des Gewinns, die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg, die Üblichkeit des Aufwands in vergleichbaren Fällen, die Existenz objektiver Gründe für den Mehraufwand und die Intensität der Berührung der privaten Lebenssphäre.
Im Streitfall wurde die private Lebensführung des A nur sehr eingeschränkt durch das Flugzeug berührt. Denn A durfte das Flugzeug mangels Pilotenlizenz nicht selbst fliegen, und er nutzte das Flugzeug auch nicht für Privatflüge, sondern ausschließlich für Dienstreisen.
In den Jahren 2017 und 2019 lagen die Kosten für das Flugzeug nur geringfügig über 10 % des Gewinns, so dass dies nicht als unangemessen hoch anzusehen ist. Im Jahr 2018 betrug der Kostenanteil zwar ca. 25 % des Gewinns, aber es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Einsatz des Flugzeugs zu einer – tatsächlich eingetretenen – Umsatzsteigerung führte. Immerhin konnte das Flugzeug bei jedem Wetter genutzt werden, und A war auch für den Vertrieb zuständig.
Im Übrigen lagen die Kosten für das Flugzeug nicht über den Kosten, die im Fall von Charterflügen entstanden wären. Charterflüge sind nach der Verkehrsauffassung nicht stets unangemessen. Zudem war auch der Wertverfall des Flugzeugs gering, da bei dessen nach über drei Jahren nur eine Wertminderung von 13.000 € eingetreten war.
Schließlich ist auch die Zeitersparnis zu berücksichtigen, die der Kläger für seine Tätigkeit nutzen konnte. Insbesondere bei Terminen mit ungewisser Dauer konnte sogleich der Rückflug angetreten werden. Die GmbH hat nach ihrem Umzug in das verkehrstechnisch besser angeschlossene E auch kein Flugzeug mehr genutzt.
Hinweise: Das Urteil macht deutlich, dass es nicht Aufgabe der Finanzverwaltung ist, unternehmerische Entscheidungen durch eigene Entscheidungen, die durch den öffentlichen Dienst geprägt sind, zu ersetzen. Insbesondere der Ansatz eines Stundenlohns von 10 € für einen Chauffeur, den das Finanzamt für die Berechnung der angemessenen Kosten vorgenommen hat, erscheint doch etwas weltfremd. Letztendlich muss der Unternehmer entscheiden, mit welchem Verkehrsmittel er die Geschäftspartner aufsucht und ob er z.B. die Kosten für die 1. Klasse (bei der Bahn) oder Business Class (beim Linienflugzeug) in Kauf nimmt, weil er dann ausgeruhter am Ziel ankommt oder die Reisezeit zum Arbeiten nutzen kann.
Die Kosten für das Flugzeug waren nicht als verdeckte Gewinnausschüttung anzusetzen, da dem A kein Vorteil zugewendet wurde; denn er hat das Flugzeug nicht für Privatflüge eingesetzt.
Quelle: FG Münster, Urteil vom 15.4.2025 – 9 K 126/22 K, G; NWB
Mitteilung über ergebnislose Außenprüfung
Fri, 20 Jun 2025 09:15:00 +0200
Die Mitteilung des Außenprüfers, dass die durchgeführte Außenprüfung zu keinen Mehr- oder Minderergebnissen geführt hat, ist kein Verwaltungsakt. Der Steuerpflichtige kann gegen diese Mitteilung daher keinen Einspruch einlegen, um so noch eine Änderung der Steuerbescheide zu seinen Gunsten herbeizuführen.
Hintergrund: Eine Außenprüfung führt häufig zu steuerlichen Mehrergebnissen. Es ergehen dann Änderungsbescheide, die angefochten werden können. Führt die Außenprüfung aber weder zu Mehr- noch zu Minderergebnissen, teilt der Außenprüfer dies dem Steuerpflichtigen mit. Es ergehen dann natürlich keine Änderungsbescheide.
Ist eine Außenprüfung durchgeführt worden, können die Steuerbescheide, die aufgrund der Außenprüfung ergangen sind, anschließend nicht mehr wegen neuer Tatsachen zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, es sei denn, es wird eine Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzung festgestellt. Entsprechendes gilt, wenn die Außenprüfung ergebnislos verlief und dies dem Steuerpflichtigen mitgeteilt worden ist; auch dann greift die sog. Änderungssperre.
Sachverhalt: Kläger war der A, der zum einen ein Einzelunternehmen betrieb und zum anderen mit ca. 60 % an der AB-GbR beteiligt war. Er machte in seinem Einzelunternehmen in den Jahren 2010 bis 2012 verschiedene Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend, bei denen nicht klar war, ob sie sein Einzelunternehmen oder aber die AB-GbR betreffen. Das Finanzamt führte daher parallel zwei Außenprüfungen bei A sowie bei der AB-GbR für die Jahre 2010 bis 2012 durch. Die Außenprüfung bei A führte zu dem Ergebnis, dass die von A geltend gemachten Betriebsausgaben nicht anerkannt werden, weil sie mit der AB-GbR in Zusammenhang standen; die Einkommensteuerbescheide des A für 2010 und 2011 wurden dementsprechend zu seinen Ungunsten geändert. Die Außenprüfung bei der AB-GbR führte hingegen zu keinen Änderungen. Der Prüfer teilte dies der AB-GbR am 19.5.2015 mit. Am 29.7.2015 beantragte die AB-GbR die Änderung ihrer Gewinnfeststellungsbescheide für 2010 und 2011, damit die bei A nicht anerkannten Betriebsausgaben nun bei ihr berücksichtigt werden können. Das Finanzamt lehnte diesen Änderungsantrag ab.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Gegen die Gewinnfeststellungsbescheide für 2010 und 2011 ist ein Einspruch nicht möglich, da die einmonatige Einspruchsfrist im Mai 2015 längst abgelaufen war.
Die AB-GbR kann auch gegen die Mitteilung des Außenprüfers, dass die Außenprüfung zu keinen Mehrergebnissen geführt habe, keinen Einspruch einlegen. Diese Mitteilung ist nämlich kein Verwaltungsakt, da sie keine Regelung enthält. Sie ist lediglich ein sog. Realakt.
Zwar führt die Mitteilung des Außenprüfers zu einer sog. Änderungssperre, so dass die Gewinnfeststellungsbescheide der AB-GbR grundsätzlich nicht mehr wegen neuer Tatsachen geändert werden können; ferner führt die Mitteilung zu einer Beendigung der Ablaufhemmung bei der Festsetzungsverjährung. Diese Rechtsfolgen ergeben sich jedoch nicht aufgrund einer Regelung in der Mitteilung, sondern kraft Gesetzes, das an die Mitteilung anknüpft.
Aufgrund der Änderungssperre konnten die Gewinnfeststellungsbescheide der AB-GbR für 2010 und 2011 nicht mehr wegen neuer Tatsachen – also außerhalb eines Einspruchsverfahrens – geändert werden.
Hinweise: Die AB-GbR hätte während der Außenprüfung vorsorglich einen Antrag auf Änderung ihrer Gewinnfeststellungsbescheide für 2010 und 2011 stellen sollen. Dieser Antrag hätte nicht der Änderungssperre unterlegen, weil die Mitteilung über die ergebnislose Außenprüfung noch nicht ergangen war; das Finanzamt hätte dann über diesen Antrag entscheiden müssen, und zwar auch nach der Mitteilung des Außenprüfers über die Ergebnislosigkeit der Prüfung, da eine Änderungssperre aufgrund des frühzeitig gestellten Änderungsantrags nicht gegolten hätte.
Quelle: BFH, Urteil vom 20.2.2025 – IV R 17/22; NWB
Erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei Mitvermietung von Hochregalen in Lagerhalle
Tue, 17 Jun 2025 07:55:00 +0200
Bei einer Immobiliengesellschaft, die aufgrund ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt und die Grundstücke vermietet, führt die Mitüberlassung fest installierter Hochregale bei der Vermietung einer Lagerhalle nicht zur Versagung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung. Die Mitüberlassung der Hochregale ist nämlich ein zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung.
Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung sowie aus dem Verkauf der vermieteten Immobilie unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Die Vermietung beweglicher Wirtschaftsgüter, wie z.B. die Vermietung von Betriebsvorrichtungen, ist grundsätzlich nicht begünstigt.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine Immobilien-GmbH, die in den Streitjahren 2017 und 2018 grundsätzlich nur eigene Grundstücke vermietete. U.a. vermietete sie eine Lagerhalle, die mit fest installierten Hochregalen ausgestattet war. Einen Teil der Halle vermietete sie an A, der auch die in diesem Hallenteil befindlichen Hochregale mietete. Den anderen Teil der Halle vermietete sie an B. Die Klägerin überließ dem B aber die in diesem Teil der Halle befindlichen Hochregale, die aus dem Jahr 1987 stammten, unentgeltlich. Die Klägerin beantragte die erweiterte Gewerbesteuerkürzung, die das Finanzamt nicht gewährte, weil es von einer schädlichen Mitvermietung beweglicher Wirtschaftsgüter, nämlich der Hochregale als Betriebsvorrichtungen, ausging.
Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer setzte in den Streitjahren 2017 und 2018 grundsätzlich voraus, dass ausschließlich eigenes Grundvermögen vermietet wurde. Die Vermietung von Betriebsvorrichtungen war hingegen schädlich. Betriebsvorrichtungen sind Gebäudebestandteile, die ausschließlich aus betrieblichen Gründen im Gebäude eingebaut sind und steuerlich als bewegliche Wirtschaftsgüter behandelt werden.
Zwar handelte es sich bei den Hochregalen um Betriebsvorrichtungen, da diese keine Gebäudefunktion hatten, sondern nur aus rein betrieblichen Gründen in der Lagerhalle eingebaut waren. Die Überlassung der Hochregale an A und an B war aber gewerbesteuerlich nicht schädlich.
Die Überlassung der Hochregale an B war unschädlich, weil die Klägerin ihm die Hochregale nicht vermietet, sondern nach dem Mietvertrag ausdrücklich nur unentgeltlich überlassen hatte. Eine unentgeltliche Überlassung von Betriebsvorrichtungen steht der erweiterten Kürzung der Gewerbesteuer nicht entgegen. Zwar gilt dies dann nicht, wenn es sich bei der vereinbarten Unentgeltlichkeit um ein Scheingeschäft handelt; für ein Scheingeschäft spricht es, wenn die Betriebsvorrichtungen aus dem Mietvertrag herausgenommen werden, jedoch keine Regelungen getroffen werden, wie der Aufwand des Vermieters für die Anschaffung bzw. Herstellung der Betriebsvorrichtungen entgolten wird. Im Streitfall handelte es sich aber nicht um ein Scheingeschäft, weil die Hochregale aus dem Jahr 1987 stammten und die Klägerin diese Hochregale deshalb unentgeltlich überlassen hatte, weil sie für die alten Regale keine Instandhaltungs- und Reparaturpflicht übernehmen wollte.
Die Mitvermietung der Hochregale an A war hingegen entgeltlich, aber dennoch steuerlich unschädlich, weil die Mitüberlassung festinstallierter Hochregale der Grundstückverwaltung diente und damit ein zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung darstellte. Denn die Lagerhalle war eine sog. Spezialimmobilie, die sinnvollerweise nur als Lagerhalle vermietet und genutzt werden konnte. Ohne Mitvermietung der Hochregale hätte ein Mieter auf eigene Kosten Hochregale einbauen müssen; damit wären die Kosten für den Mieter erheblich angestiegen, insbesondere bei einer kurzfristigen Anmietung.
Hinweise: Der Gewinn der Klägerin, der ausschließlich aus der Vermietung stammte, war daher in den Streitjahren gewerbesteuerfrei.
Seit 2021 gibt es eine Neuregelung, nach der bestimmte weitere Tätigkeiten wie z.B. die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen bis zur Höhe von 5 % der Mieteinnahmen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung nicht entgegenstehen; diese Regelung galt im Streitjahr noch nicht.
Ähnlich wie bei der Mitvermietung von Hochregalen im Streitfall wird auch die Mitvermietung von Lastenaufzügen in Einkaufszentren oder Fabrikgebäuden in der Regel als gewerbesteuerlich unschädlich angesehen; eine einheitliche Rechtsprechung hierzu gibt es allerdings nicht.
Quelle: FG Münster, Urteil vom 12.3.2025 – 10 K 1656/21 G; NWB
Vorsicht Falle: Steuerverwaltung Rheinland-Pfalz warnt vor gefälschten E-Mails im Namen von ELSTER
Mon, 16 Jun 2025 12:15:00 +0200
Derzeit kursieren vermehrt gefälschte E-Mails, die angeblich von der Steuerverwaltung oder ELSTER stammen. Hierauf macht das Finanzministerium Rheinland-Pfalz (FinMin) aufmerksam.
Hierzu führt das FinMin weiter aus:
Die E-Mails sehen oft täuschend echt aus, nutzen das ELSTER-Logo und allgemein gehaltene Anreden wie "Sehr geehrter Kunde".
Häufig wird eine Steuererstattung in Aussicht gestellt oder zur Verifizierung des ELSTER-Kontos aufgefordert. Ziel ist es, persönliche Daten, Zugangsdaten oder Bankinformationen abzugreifen.
Auch Unternehmen werden gezielt angeschrieben. Dabei wird mit Formulierungen wie „ernsthafte Konsequenzen“ oder „Verzögerungen werden nicht toleriert“ Druck aufgebaut.
Hinweise: Das FinMin empfiehlt auf diese E-Mails nicht zu antworten, nicht auf Links oder Anhänge zu klicken und verdächtige Nachrichten umgehend zu löschen.
Zudem weist das FinMin darauf hin, dass die Steuerverwaltung niemals per E-Mail zur Eingabe sensibler Daten auffordern würde. Steuerdaten oder Bescheide werden nicht als E-Mail-Anhänge versendet.
Mehr Informationen zur sicheren Nutzung von ELSTER sind auf der ELSTER-Webseite im Bereich "Sicherheit" verfügbar.
Quelle: FinMin Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 16.6.2025; NWB
Umsatzsteuer eines Fitnessstudios im Corona-Lockdown
Mon, 16 Jun 2025 10:11:00 +0200
Der Betreiber eines Fitnessstudios, der sein Studio im Jahr 2020 wegen der Corona-Maßnahmen schließen musste, aber weiterhin Mitgliedsbeiträge erhielt, schuldet die Umsatzsteuer auf die erhaltenen Mitgliedsbeiträge. Eine Berichtigung dieser Umsatzsteuer zu seinen Gunsten ist erst dann möglich, wenn er die Beiträge zurückzahlt.
Hintergrund: Umsatzsteuer entsteht, wenn ein Unternehmer eine Leistung gegen Entgelt erbringt oder wenn er für eine noch zu erbringende Leistung eine Anzahlung erhält. Ist Umsatzsteuer entstanden, kann sie zugunsten des Unternehmers berichtigt werden, wenn für eine vereinbarte Leistung ein Entgelt entrichtet worden ist, der Unternehmer die Leistung aber nicht ausführt.
Sachverhalt: Der Kläger betrieb ein Fitnessstudio, das er aufgrund der behördlichen Corona-Maßnahmen im Zeitraum vom 17.3.2020 bis 17.5.2020 schließen musste. Er informierte seine Mitglieder über die Schließung und bot ihnen u.a. eine kostenlose Verlängerung der Mitgliedschaft um drei Monate, verschiedene Fitnesskurse im Internet-Streaming, die Nutzung einer „Telefon-Hotline“ sowie einen kostenlosen 3D-Körperscan an; allerdings standen die Online-Kurse auch Nicht-Mitgliedern offen. Von den ca. 800 Mitgliedern zahlten 761 Mitglieder die Beiträge im Zeitraum vom 17.3.2020 bis 17.5.2020 weiter; von den 761 Mitgliedern nahmen 85 Mitglieder die Bonus-Monate in Anspruch, und insgesamt nur 40 Mitglieder verlangten die Beiträge zurück. Der Kläger hielt die von ihm im Schließungszeitraum eingezogenen Mitgliedsbeiträge für nicht umsatzsteuerbar.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte dem nicht:
Die für den Zeitraum März bis Mai 2020 gezahlten Mitgliedsbeiträge waren umsatzsteuerbar, da sie ein Entgelt für die Leistung des Klägers darstellten. Der Kläger hatte nämlich die monatliche Nutzungsmöglichkeit des Fitnessstudios angeboten und hierfür Beiträge erhalten; zwischen dieser monatlichen (Teil-)Leistung und der Zahlung des Mitgliedsbeitrags bestand ein unmittelbarer Zusammenhang.
Außerdem hatte der Kläger seinen Mitgliedern drei kostenlose Bonus-Monate zugesagt. Die Mitgliedsbeiträge stellten damit jedenfalls eine umsatzsteuerbare Anzahlung dar. Umsatzsteuerlich kommt es nur auf den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Beitragszahlung und den angebotenen Bonus-Monaten an. Unbeachtlich ist, ob bezüglich der kostenlosen Vertragsverlängerung eine zivilrechtlich wirksame Vereinbarung zwischen dem Kläger und den Mitgliedern zustande gekommen ist. Ferner kommt es nicht darauf an, dass nur 85 Mitglieder die Bonus-Monate in Anspruch genommen haben.
Offenbleiben konnte die Frage, ob die während der Schließung des Studios angebotenen Live-Kurse, die „Telefon-Hotline“ und der kostenlose 3D-Körperscan ebenfalls umsatzsteuerbare Leistungen dargestellt haben. Gegen eine Umsatzsteuerbarkeit der Live-Kurse sprach, dass diese für jedermann zugänglich und kostenlos waren.
Hinweise: Da der Kläger das Fitnessstudio im Schließungszeitraum den Mitgliedern tatsächlich nicht zur Verfügung stellen konnte, kommt zwar eine Berichtigung der Umsatzsteuer zu seinen Gunsten in Betracht. Die Berichtigung ist aber erst dann möglich, wenn und soweit er die Beiträge zurückzahlt. Im Streitfall hat der Kläger in nur 40 Fällen (bei ca. 800 Mitgliedern) die Beiträge zurückgezahlt, und dies auch erst in einem späteren Zeitraum. Daher kann er die Umsatzsteuer bezüglich der Beiträge der 40 Mitglieder erst im Monat der jeweiligen Rückzahlung berichtigen, während er in den verbleibenden 761 Fällen die Umsatzsteuer mangels Rückzahlung des Mitgliedsbeitrags nicht berichtigen kann.
Quelle: BFH, Urteile vom 13.11.2024 – XI R 5/23 und XI R 36/22; NWB
Gemeinnützigkeit einer Internet-Plattform für Online-Petitionen
Fri, 13 Jun 2025 07:37:00 +0200
Ein Verein, der nach seinem Satzungszweck die Förderung des demokratischen Staatswesens verfolgt und hierfür eine Online-Plattform bereitstellt, auf der Petitionen und Kampagnen gestartet werden können, ist gemeinnützig, wenn sich die Petitionen auf potentielle parlamentarische Vorgänge beziehen und nicht auf privatrechtliche Vorgänge.
Hintergrund: Gemeinnützige Körperschaften sind körperschaft- und gewerbesteuerfrei. Die Gemeinnützigkeit setzt voraus, dass der Verein bzw. die GmbH nach der Satzung einen im Gesetz genannten gemeinnützigen Zweck verfolgt und dass dieser auch tatsächlich umgesetzt wird. Nach dem Gesetz gehört z.B. die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens zu den gemeinnützigen Zwecken; ausgeschlossen sind jedoch Bestrebungen, die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art verfolgen oder die auf den kommunalpolitischen Bereich beschränkt sind.
Sachverhalt: Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung ausschließlich und unmittelbar die Förderung des demokratischen Staatswesens verfolgt. Er unterhielt in den Streitjahren 2016 und 2017 eine Online-Plattform, auf der Petitionen und Kampagnen unentgeltlich gestartet werden konnten. Die Petitionen und Kampagnen konnten sich an staatliche und an nichtstaatliche Stellen richten. Außerdem bot der Kläger Unterstützung bei Petitionen und Kampagnen an, die er für erfolgreich oder relevant hielt. Petitionen, die einen „offensichtlich rechtswidrigen“ Inhalt hatten, wurden nicht zugelassen. Das Finanzamt erkannte die steuerliche Gemeinnützigkeit nicht an, sondern erließ einen Körperschaftsteuerbescheid, in dem es die Körperschaftsteuer auf 0 € festsetzte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine Gemeinnützigkeit für möglich und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:
Zwar ist die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens im Geltungsbereich Deutschlands grundsätzlich ein gemeinnütziger Zweck. Dieser Zweck kann durch die Bereitstellung einer Online-Plattform, die die freie, offene und unreglementierte politische Willensbildung bei der Ausübung der Staatsgewalt betrifft, gefördert werden, wenn der Plattformbetreiber die dort online gestellten Petitionen bzw. Anliegen – auch parteipolitisch – neutral und ohne inhaltliche Wertung fördert.
Allerdings steht noch nicht fest, ob es dem Kläger um die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens ging. Eine derartige Förderung ist nämlich nur dann anzunehmen, wenn die auf der Online-Plattform zur Abstimmung gestellten Anliegen auf eine öffentliche Meinungsbildung bezüglich der Ausübung der Staatsgewalt Einfluss nehmen sollten. Das jeweilige Anliegen muss also geeignet sein, Gegenstand einer parlamentarischen Befassung zu sein bzw. zu werden. Die Petitionen bzw. Anliegen dürfen nicht privatrechtliche Anliegen, etwa die Kündigung eines Vermieters, betreffen oder etwa zu einem Boykott aufrufen.
Zu klären ist ferner, ob sich der Kläger, soweit er Petitionen und Kampagnen unterstützt hat, auf die Förderung des offenen Prozesses der politischen Meinungsbildung beschränkt hat – dies wäre steuerlich unschädlich - oder ob er sich bestimmte Anliegen zu eigen gemacht hat. Auch müssen die Kriterien, die für ihn bei der Förderung maßgeblich waren, dahingehend überprüft werden, ob sie die notwendige geistige Offenheit gewährleisteten. Problematisch wäre es, wenn der Kläger vor allem solche Anliegen gefördert hätte, die mit besonderer Intensität betrieben wurden; denn dann hätte der Kläger die „lautstärkste“ Meinung unterstützt.
Hinweise: Das FG muss den Sachverhalt nun weiter aufklären. Dabei muss es auch aufklären, nach welchen Kriterien der Kläger einzelne Petitionen bzw. Anliegen als rechtswidrig eingestuft hat. Schließlich muss sich das FG damit auseinandersetzen, ob die Beschränkung der Förderung des Staatswesens auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eine bloß räumliche Beschränkung der Tätigkeit des Klägers bedeutet, so dass der Kläger nicht vom Ausland aus tätig werden durfte, ob damit die Förderung des demokratischen Staatswesens im Inland gemeint ist.
Nicht begünstigt ist im Übrigen die Förderung politischer Einzelmeinungen. Unschädlich ist es aber, wenn eine gemeinnützige Tätigkeit zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden ist.
Quelle: BFH, Urteil vom 12.12.2024 - V R 28/23; NWB
Steuerfreistellung durch ausländische Betriebsstätten
Thu, 12 Jun 2025 07:43:00 +0200
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in zwei Entscheidungen die Voraussetzungen konkretisiert, die im grenzüberschreitenden Sachverhalt im Anwendungsbereich eines Doppelbesteuerungsabkommens zu einer ausländischen Betriebsstätte führen. Aus einer solchen Betriebsstätte erzielt der Steuerpflichtige in der Regel Einkünfte, die im Inland steuerfrei sind und nur der ausländischen Besteuerung unterliegen.
Hintergrund: Nach der im Streitfall einschlägigen Vorschrift des mit der Schweiz geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA-Schweiz) sind Gewinne aus eigener Tätigkeit einer Betriebsstätte, die in der Schweiz besteuert werden können, von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer unter Progressionsvorbehalt auszunehmen, soweit sie nachweislich ‑ u.a. ‑ durch Erbringung von Dienstleistungen unter Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr erzielt wurden. Gewinne eines deutschen Unternehmens können in der Schweiz besteuert werden, wenn das Unternehmen seine Tätigkeit durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt und soweit die Gewinne des Unternehmens dieser Betriebsstätte zugerechnet werden können.
Sachverhalt: Im Grundfall hatte der in Deutschland lebende Kläger, ein Taxiunternehmer, aufgrund seiner Mitgliedschaft in einer Schweizerischen Taxifunkzentrale Zugang zu deren Büroraum in der Schweiz. Dieser Raum war mit drei Arbeitsplätzen eingerichtet und stand insgesamt drei Taxiunternehmern zur Verfügung. Der Kläger nutzte den Büroraum (einschließlich eines abschließbaren Standcontainers) für geschäftsleitende Tätigkeiten sowie für die Personalverwaltung seiner angestellten Taxifahrer, die Vorbereitung der laufenden Buchführung, das Rechnungswesen, die Finanzkontrolle sowie die Kontrolle der Einhaltung behördlicher Auflagen. Das Finanzamt unterwarf die gewerblichen Einkünfte des Klägers aus seinem Taxiunternehmen der inländischen Besteuerung.
Entscheidung: Der BFH gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Die gesamten gewerblichen Einkünfte des Klägers sind in Deutschland steuerfrei zu stellen und dürfen lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden, da in der Schweiz die Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte erfüllt sind.
Hierfür ist die "Verwurzelung" des Unternehmens mit dem im Ausland belegenen der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit maßgebend. Diese Verwurzelung folgt aus einer Gesamtwürdigung der in Wechselwirkung zueinander stehenden Merkmale der zeitlichen und örtlichen Festigkeit der Ort Geschäftseinrichtung sowie der dauerhaften Verfügungsmacht des Unternehmens über diese Geschäftseinrichtung.
Der persönliche Standcontainer ist insoweit ein Indiz für die dauerhafte Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung (hier: den Büroraum). Darüber hinaus sind in dem Büroraum nicht nur Hilfstätigkeiten ausgeübt worden.
Die Haupttätigkeit eines Taxiunternehmers mit mehreren angestellten Taxifahrern erschöpft sich nicht allein im Fahren von Taxis zum Zwecke der Personenbeförderung. Vielmehr gehören hierzu auch die geschäftsleitenden und zentralen unternehmerisch-administrativen Tätigkeiten, die der Taxiunternehmer in dem Büroraum in der Schweiz ausgeübt hat.
Hinweis: Im zweiten Verfahren ging es um die zeitlichen Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte. Sowohl für das Innehaben der Geschäftseinrichtung als auch für die unternehmerische Tätigkeit, die in der Geschäftseinrichtung ausgeübt wird, hat der BFH eine Mindestdauer von sechs Monaten festgelegt. Ein Unternehmen, das nur für weniger als sechs Monate existiert, rechtfertigt selbst dann keine Ausnahme, wenn die Tätigkeit dieses Unternehmens vollständig in der ausländischen Geschäftseinrichtung ausgeübt worden ist.
Quellen: BFH, Urteile vom 18.12.2024 – I R 47/21 (Betriebsstätte eines Taxiunternehmens in den Räumen einer Taxizentrale) und I R 39/21 (zeitliche Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte); NWB
Kindergeldanspruch während des Freiwilligen Wehrdienstes
Wed, 11 Jun 2025 07:33:00 +0200
Das Ableisten eines "Freiwilligen Wehrdienstes" kann bei einem volljährigen Kind für sich genommen ‑ anders als etwa ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr ‑ keinen Kindergeldanspruch begründen. Jedoch kann während der Zeit des Freiwilligen Wehrdienstes ein Anspruch auf Kindergeld bestehen, wenn das Kind einen der im Gesetz genannten Berücksichtigungstatbestände erfüllt, also etwa während des Wehrdienstes für einen Beruf ausgebildet wird oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann.
Hintergrund: Ein Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind, das noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, kann u.a. dann bestehen, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann.
Sachverhalt: Derr Sohn S des Klägers absolvierte nach seinem Abitur einen zehn Monate dauernden Freiwilligen Wehrdienst. Die Familienkasse bewilligte dem Kläger für die Übergangszeit zwischen Abitur und Grundausbildung sowie für die Zeit der Grundausbildung Kindergeld für S. Nach der Beendigung der Grundausbildung verrichtete S Dienst in einem Mannschaftsdienstgrad. Eine weitere Ausbildung bei der Bundeswehr fand nicht statt. Nach dem Ende des Freiwilligen Wehrdienstes studierte S an einer zivilen Hochschule. Den Entschluss dazu hatte er während des Freiwilligen Wehrdienstes gefasst.
Die beklagte Familienkasse sowie das Finanzgericht der ersten Instanz versagten für die Zeit nach Beendigung der Grundausbildung bis zum Beginn des Studiums die Festsetzung von Kindergeld. Der Freiwillige Wehrdienst gehöre - anders als etwa ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr - nicht zu den gesetzlich festgelegten Berücksichtigungstatbeständen, die für sich genommen einen Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind begründen können.
Entscheidung: Der BFH gab der hiergegen gerichteten Klage überwiegend statt:
Auch nach dem Ende der Grundausbildung und trotz einer Erwerbstätigkeit des Kindes als Soldat mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden kann ein Kindergeldanspruch bestehen, wenn das Kind - wie S im Streitfall - eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann.
Zwar ist die dreimonatige Grundausbildung Teil einer Ausbildung zum Offizier oder Unteroffizier. Ihre Beendigung führt jedoch nicht zu einem für den weiteren Kindergeldbezug gegebenenfalls schädlichen Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung.
Hinweis: Für einen Monat wies der BFH die Klage jedoch zurück, weil sich der Entschluss des S, sich um einen Studienplatz zu bemühen, erst im Folgemonat objektiviert hatte. Der bloße Vortrag des Kindergeldberechtigten und des Kindes, der Entschluss zu einer Ausbildung oder zu einem Studium sei früher gefasst worden, ist für die Begründung des Anspruchs nicht ausreichend.
Quelle: BFH, Pressemitteilung zum BFH-Urteil v. 20.2.2025 - III R 43/22; NWB
Bekanntgabe eines Steuerbescheids bei nicht täglicher Postzustellung
Tue, 10 Jun 2025 12:29:00 +0200
Die gesetzliche Zugangsvermutung, nach der ein Steuerbescheid drei Tage nach Aufgabe zur Post (ab 2025: vier Tage nach Aufgabe zur Post) als bekanntgegeben gilt, greift auch dann, wenn die Post an zwei Tagen der Dreitagesfrist nicht zustellt, weil sie an einem der beiden Tage (Samstag) grundsätzlich keine Zustellungen vornimmt und der nachfolgende Tag ein zustellfreier Sonntag ist.
Hintergrund: Nach dem Gesetz gilt ein Verwaltungsakt bis einschließlich 2024 nach drei Tagen nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, so dass am Tag danach die Einspruchsfrist beginnt. Ab 2025 wurde die gesetzliche Dreitagesfrist durch eine Viertagesfrist ersetzt.
Sachverhalt: Die Klägerin erstellte ihre Einkommensteuererklärung für 2017 selbst, d.h. ohne Hilfe eines Steuerberaters. Am Freitag, dem 15.6.2018, erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid für 2017 und übergab ihn einem Postdienstleistungsunternehmen, das jedoch die Post im Wohnviertel der Klägerin nur zwischen Montag und Freitag austrägt, nicht aber am Samstag und am generell zustellungsfreien Sonntag. Die Klägerin war bis einschließlich Montag, dem 18.6.2018, beruflich auswärts tätig und kehrte erst am 19.6.2018 in ihre Wohnung zurück, wo sie nach eigenen Angaben den Einkommensteuerbescheid für 2017 im Briefkasten vorfand. Sie übersandte den Bescheid noch am selben Tag per Telefax an ihren Steuerberater, dem sie keine Empfangsvollmacht erteilt hatte. Dieser legte am 19.7.2018 Einspruch ein. Das Finanzamt ging von einer Versäumnis der Einspruchsfrist aus und verwarf den Einspruch als unzulässig.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Der Einspruch war verfristet, weil bei Einlegung des Einspruchs am 19.7.2018 die einmonatige Einspruchsfrist abgelaufen war.
Der Steuerbescheid galt nach der im Jahr 2018 anwendbaren Dreitagesfrist nach drei Tagen nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Die Aufgabe zur Post war am Freitag, dem 15.6.2018, durch Übergabe an das Postdienstleistungsunternehmen erfolgt. Damit galt die Bekanntgabe als am Montag, dem 18.6.2018, erfolgt, so dass die Einspruchsfrist am 19.6.2018 (Dienstag) begann und am 18.7.2018 endete; der Einspruch wurde aber erst am 19.7.2018 eingelegt.
Die Dreitagesfrist war im Streitfall anwendbar, auch wenn eine Postzustellung weder am Samstag, dem 16.6.2018, noch am Sonntag, dem 17.6.2018, möglich war, da das Postdienstleistungsunternehmen samstags nicht zustellte und sonntags ohnehin keine Post ausgetragen wurde. Gleichwohl war eine Postauslieferung am Montag, dem 18.6.2018 und dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post zwar etwas weniger wahrscheinlich, aber möglich.
Hinweise: Aufgrund der zahlreichen Probleme und Mängel bei der Postzustellung hat der Gesetzgeber die Dreitagesfrist durch eine Viertagesfrist ersetzt. Die neue Frist gilt für alle Verwaltungsakte (Bescheide), die nach dem 31.12.2024 zur Post aufgegeben werden.
Die Klägerin hatte vorgetragen, dass sie ihre Mutter sowie eine Freundin mit der Leerung des Briefkastens beauftragt habe. Hieraus konnte jedoch nicht geschlossen worden, dass der Bescheid erst am 19.6.2018 in den Briefkasten der Klägerin eingeworfen wurde. Hierzu hätte die Klägerin vortragen müssen, dass die Mutter und die Freundin den Briefkasten nach der Zustellrunde am 18.6.2018 geleert hätten und sich der Einkommensteuerbescheid für 2017 nicht im Briefkasten befunden habe. Tatsächlich hatte die Klägerin einen Zugang des Bescheids am 18.6.2018 aber nicht substantiiert bestritten.
Quelle: BFH, Urteil vom 20.2.2025 – VI R 18/22; NWB
Schuldzinsenabzug nach unentgeltlicher Übertragung eines Grundstücksteils
Fri, 06 Jun 2025 11:27:00 +0200
Wird ein Teil einer vermieteten und fremdfinanzierten Immobilie unentgeltlich auf ein Kind übertragen, können die Schuldzinsen, die auf den übertragenen Teil entfallen und vom Kind nicht übernommen werden, nicht mehr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht werden. Denn insoweit besteht kein Zusammenhang mehr zwischen den Schuldzinsen und den Vermietungseinkünften.
Hintergrund: Wird die Anschaffung einer vermieteten Immobilie mit einem Bankkredit finanziert, sind die Kreditzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung absetzbar.
Sachverhalt: Die Klägerin ist eine Grundstücksgemeinschaft, die aus einem Vater und seinem Sohn besteht. Ursprünglich war der Vater alleiniger Eigentümer einer vermieteten Immobilie, für deren Anschaffungskosten er einen Immobilienkredit aufgenommen hatte. Mit Vertrag vom 14.6.2019 übertrug der Vater unentgeltlich einen Miteigentumsanteil von 2/5 auf seinen Sohn, so dass hierdurch die Grundstücksgemeinschaft (Klägerin) entstand. Die Klägerin machte im Streitjahr 2020 Schuldzinsen in Höhe von ca. 60.000 € als Sonderwerbungskosten des Klägers geltend, die für den Immobilienkredit anfielen. Das Finanzamt erkannte nur 3/5 des Betrags, ca. 36.000 €, als Werbungskosten an.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Zinsen für einen Kredit, der für die Anschaffung oder Herstellung einer vermieteten Immobilie aufgenommen worden ist, sind grundsätzlich Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Denn die Zinsen sind durch die Erzielung von Mieteinnahmen veranlasst.
Dieser Veranlassungszusammenhang wurde aber durch die unentgeltliche Übertragung eines Teils des Grundstücks auf den Sohn gelöst. Die Übertragung war unentgeltlich und führte nicht zu Einkünften; die Darlehensverbindlichkeit verblieb beim Vater, da der Sohn weder einen Schuldbeitritt erklärt noch die Darlehensschuld anteilig übernommen hatte und somit auch die Zinsen nicht anteilig trug. Damit wurde der Kredit im Umfang von 2/5 nicht mehr zur Erzielung von Einkünften verwendet.
Hinweise: Die verbleibenden Zinsen im Umfang von 3/5 des Gesamtbetrags der Zinsen wurden als sog. Sonderwerbungskosten des Vaters bei der Feststellung der Vermietungseinkünfte der Klägerin berücksichtigt. Denn nicht die Klägerin war Kreditnehmerin und zahlte die Zinsen, sondern der Vater.
Hätte der Vater seinem Sohn keinen Miteigentumsanteil übertragen, sondern das Grundstück behalten, anschließend das Grundstück veräußert und damit die Vermietungstätigkeit aufgegeben, hätte er die Zinsen steuerlich absetzen können, soweit der Veräußerungserlös nicht ausgereicht hätte, um das Immobiliendarlehen abzulösen.
Quelle: BFH, Urteil vom 3.12.2024 – IX R 2/24; NWB
Gesetz zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland
Thu, 05 Jun 2025 11:18:00 +0200
Die Bundesregierung hat am 4.6.2025 den Entwurf eines "Gesetzes für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland" beschlossen. Das Gesetz sieht neben der Senkung des Körperschaftsteuersatzes u.a. die Wiedereinführung einer degressiven Abschreibung von 30 Prozent pro Jahr für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens vor.
Die geplanten Maßnahmen im Überblick:
Wiedereinführung und Aufstockung der degressiven AfA ab Juli 2025 bis Ende 2027
Üblicherweise schreiben Unternehmen neu angeschaffte Maschinen, Geräte oder Fahrzeuge über die Jahre ihrer Nutzung linear ab. Geplant ist nun neben der linearen AfA bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens eine sog. degressive AfA von 30 Prozent wieder einzuführen. Dies soll für Wirtschaftsgüter gelten, die nach dem 30.6.2025 und vor dem 1.1.2028 angeschafft oder hergestellt worden sind. Das bedeutet, dass Unternehmen bereits im Jahr des Erwerbs eines Wirtschaftsguts 30 Prozent der Anschaffungskosten mit ihrem Gewinn verrechnen können. Im zweiten und dritten Jahr sollen erneut 30 Prozent auf den restlichen Wert geltend gemacht werden können.
Hinweis: Der bei der degressiven AfA anzuwendende Prozentsatz darf höchstens das Dreifache des bei der linearen Abschreibung in Betracht kommenden Prozentsatzes betragen und 30 Prozent nicht übersteigen.
Schrittweise Senkung des Körperschaftsteuersatzes ab dem
Geplant ist, die Körperschaftsteuer von derzeit 15 Prozent ab dem 1.1.2028 in fünf Schritten jedes Jahr um ein Prozent bis auf 10 Prozent ab dem VZ 2032 zu senken.
Förderung der Elektromobilität
Ferner ist eine beschleunigte Abschreibung der Anschaffungskosten für betriebliche Elektrofahrzeuge mit fallenden Staffelsätzen geplant:
Im Jahr der Anschaffung 75 Prozent,
im ersten Jahr danach 10 Prozent,
im zweiten und dritten Folgejahr 5 Prozent,
im vierten Folgejahr 3 Prozent und
im fünften Folgejahr 2 Prozent.
Die Regelung soll für E-Autos gelten, die nach dem 30.6.2025 und vor dem 1.1.2028 neu angeschafft werden. Zudem ist vorgesehen, die Bruttolistenpreisgrenze für die besondere steuerliche Förderung elektrischer Dienstwagen, die nach dem 30.6.2025 angeschafft werden, von aktuell 70.000 € auf 100.000 € zu erhöhen.
Ausweitung der Forschungszulage
Darüber hinaus soll die Forschungszulage auf zusätzliche Gemein- und sonstige Betriebskosten ausgeweitet werden, wenn die förderfähigen Aufwendungen im Rahmen eines begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens, welches nach dem 31.12.2025 begonnen hat, entstanden sind. Dabei sollen die Gemein- und Betriebskosten über einen pauschalen Abschlag von 20 Prozent berücksichtigt werden. Zudem ist eine Anhebung der maximalen Bemessungsgrundlage für nach dem 31.12.2025 entstandene förderfähige Aufwendungen von 10 Mio. € auf 12 Mio. € vorgesehen.
Absenkung des sog. Thesaurierungssteuersatzes
Zu guter Letzt soll der Thesaurierungssteuersatz für Einzelunternehmer und Mitunternehmer für nicht entnommene Gewinne schrittweise in drei Stufen von derzeit 28,25 Prozent auf 27 Prozent (Veranlagungszeitraum 2028/2029), 26 Prozent (Veranlagungszeitraum 2030/2031) und 25 Prozent (ab dem Veranlagungszeitraum 2032) abgesenkt werden.
Hinweis: Das Gesetz soll nach dem Willen der Bundesregierung so schnell wie möglich das weitere Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Bundestag und Bundesrat müssen dem Vorhaben zustimmen.
Quelle: Regierungsentwurf eines Gesetzes für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland; NWB
Besteuerung von durch Untreue erlangte Einnahmen
Wed, 04 Jun 2025 08:06:00 +0200
Beteiligt sich der Steuerpflichtige an einer Untreue und erhält er von dem Begünstigten hierfür eine Beteiligung am Taterfolg, ist diese Beteiligung nicht einkommensteuerbar. Es handelt sich weder um sonstige Einkünfte noch um Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Hintergrund: Zu den sonstigen Einkünften gehören Einkünfte aus Leistungen, die sich keiner anderen Einkunftsart zuordnen lassen und bei denen der Steuerpflichtige Geld für eine Leistung erhält.
Sachverhalt: Der Kläger war Geschäftsführer der A-KG und dort für den Vertrieb zuständig. Ein wichtiger Kunde der A-KG war die E-GmbH, für die der H tätig war. Der Kläger und H kamen überein, dass der Kläger aus dem Vermögen der A-KG Geld an H zahlt, damit sich H dafür einsetzt, dass die E-GmbH Aufträge an die A-KG vergibt. H zahlte ab dem Streitjahr 2011 einen Teil der von der A-KG an ihn geleisteten Zahlungen an den Kläger zurück. Das Finanzamt erfasste die von H an den Kläger geleisteten Zahlungen als sonstige Einkünfte des Klägers im Streitjahr 2011.
Entscheidung: Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (FG) gab der Klage statt:
Sonstige Einkünfte sind zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige eine Leistung erbringt, die den anderen Einkunftsarten nicht zuzuordnen ist und die Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und eine Gegenleistung auslöst. Die Zahlung an den Steuerpflichtigen muss als echte wirtschaftliche Gegenleistung durch die Leistung des Steuerpflichtigen veranlasst und ausgelöst sein.
Bei den Rückzahlungen von H an den Kläger handelte es sich um einen von vornherein vereinbarten Anteil des Klägers an den Bestechungsgeldern für H. Die an den Kläger durch H geleisteten Zahlungen setzten die vereinbarte Beuteteilung um. Damit handelte es sich nicht um eine Gegenleistung des H für eine Leistung des Klägers, sondern lediglich um den Anteil des Klägers an der „Beute“; die Beute waren die rechtswidrig aus dem Vermögen der A-KG geflossenen Gelder an H.
Der Kläger erzielte auch keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Denn der Kläger hat keine Leistung an H erbracht.
Hinweise: Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Bundesgerichtshofs sind Einnahmen, die durch Untreue oder Unterschlagung erlangt werden, in der Regel nicht steuerbar.
Als der Sachverhalt aufgedeckt wurde, wurde der Kläger von der A-KG im Jahr 2017 entlassen. Der Kläger verpflichtete sich in einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht, die ihm von H geleisteten Zahlungen an die A-KG zurückzuzahlen. Er machte daher im Verfahren vor dem Finanzgericht hilfsweise geltend, die Rückzahlung an die A-KG im Jahr 2019 als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, hilfsweise als Verlust bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb oder als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften zu berücksichtigen. Über die Hilfsanträge brauchte das FG nicht zu entscheiden, da es bereits die Steuerbarkeit der Zahlungen an den Kläger im Jahr 2011 verneinte.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 02.5.2024 – 4 K 84/23, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az. des BFH: VI B 42/24); NWB
Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Mai 2025
Tue, 03 Jun 2025 08:08:00 +0200
Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Mai 2025 bekannt gegeben.
Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2025 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.
Quelle: BMF, Schreiben vom 2.6.2025 - III C 3 - S 7329/00014/007/069 (COO.7005.100.3.12133851); NWB
Abfindung für Aufhebung eines Vorbehaltsnießbrauchs
Mon, 02 Jun 2025 08:23:00 +0200
Die an einen Nießbrauchsberechtigten gezahlte Abfindung für die Aufhebung eines Vorbehaltsnießbrauchs an GmbH-Anteilen unterliegt nicht der Einkommensteuer, wenn der Nießbrauchsberechtigte nicht wirtschaftlicher Eigentümer der GmbH-Anteile ist; am wirtschaftlichen Eigentum fehlt es, wenn sich der Nießbrauch nur auf das Gewinnbezugsrecht erstreckt, nicht aber auch auf das Stimmrecht und die sonstigen Mitverwaltungsrechte.
Hintergrund: Mit einem Nießbrauch wird einem Nicht-Eigentümer das Recht eingeräumt, die Nutzungen aus einer Sache oder aus einem Recht einzuziehen, z.B. die Miete eines Grundstücks oder die Dividenden aus GmbH-Anteilen. Von einem Vorbehaltsnießbrauch spricht man, wenn der Eigentümer einem Dritten, insbesondere einem Angehörigen, ein Grundstück oder GmbH-Anteile schenkt, sich aber den Nießbrauch vorbehält, also weiterhin die Nutzungen wie Miete oder Dividende erhalten will.
Sachverhalt: Die Klägerin war mit 49 % an der A-GmbH beteiligt. Im Jahr 2012 schenkte sie ihren beiden Töchtern jeweils die Hälfte ihrer Beteiligung, also jeder Tochter 24,5 %, und behielt sich einen Nießbrauch vor. Der Nießbrauch erstreckte sich auf den Gewinn, nicht aber auf die Mitgliedschaftsrechte wie z.B. das Stimmrecht. Im Jahr 2019 wollten die Töchter ihre Anteile an der A-GmbH lastenfrei verkaufen. Sie zahlten daher der Klägerin eine Abfindung, damit die Klägerin ihren Nießbrauch an den Anteilen aufgibt. Das Finanzamt behandelte die Abfindung als steuerbare Entschädigung für entgehende Einnahmen.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Eine Entschädigung für entgehende bzw. entgangene Einnahmen ist nur dann steuerbar, wenn die Einnahmen steuerpflichtig sind. Die Dividenden waren bei der Klägerin jedoch nicht steuerpflichtig.
Dividenden sind vom Anteilseigner zu versteuern. Dies erfordert das sog. wirtschaftliche Eigentum. Wirtschaftliches Eigentum an GmbH-Anteilen setzt voraus, dass der Erwerber eine rechtlich geschützte Position innehat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, dass ihm die mit dem GmbH-Anteil verbundenen wesentlichen Rechte wie z.B. das Stimmrecht und das Gewinnbezugsrecht zustehen und dass das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind.
Im Streitfall hatte die Klägerin seit 2012 kein wirtschaftliches Eigentum mehr an den GmbH-Anteilen. Zwar hatte sie sich den Nießbrauch vorbehalten. Der Nießbrauch erstreckte sich jedoch nur auf das Gewinnbezugsrecht und nicht auf die Mitverwaltungsrechte wie z.B. das Stimmrecht. Das Stimmrecht stand seit 2012 ihren Töchtern zu.
Die Abfindung war somit nicht steuerbar, da der Klägerin keine steuerpflichtigen Einnahmen entgingen.
Hinweise: Die Klägerin hatte auch nach der Übertragung der GmbH-Anteile auf ihre Töchter im Jahr 2012 die Dividenden versteuert. Dies war fehlerhaft, da ihr das wirtschaftliche Eigentum an den GmbH-Anteilen seit 2012 gar nicht mehr zustand. Richtigerweise hätten ihre Töchter die Dividenden seit 2012 versteuern müssen.
Der BFH hält an seiner aktuellen Rechtsprechung zum Nießbrauchsrecht an GmbH-Anteilen fest und verlangt, dass sich der Nießbrauch auch auf die Mitverwaltungsrechte wie das Stimmrecht erstrecken muss. Anderenfalls ist der Vorbehaltsnießbrauch steuerlich nicht anzuerkennen.
Quelle: BFH, Urteil vom 11. Februar 2025 – IX R 14/24; NWB
Mietpreisbremse soll verlängert werden
Fri, 30 May 2025 08:40:00 +0200
Die neue Bundesregierung plant, die Mietpreisbremse über den 31.12.2025 hinaus bis zum 31.12.2029 zu verlängern.
Hintergrund: Bei der Mietpreisbremse handelt es sich um gesetzliche Regeln zur Miethöhe, deren Zweck es ist, den Anstieg der Wohnraummieten in den Ballungsräumen zu verlangsamen. Die Regeln wurden im Jahr 2015 eingeführt. Dort, wo die Mietpreisbremse Anwendung findet, gilt seither: Bei der Neuvermietung einer Wohnung darf die Miete zu Mietbeginn höchstens um 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Falls die Vormiete bereits über diesem Betrag lag, so ist grundsätzlich die Höhe der Vormiete für die Mietpreisbremse maßgeblich. Die ortsübliche Vergleichsmiete ist Durchschnittsmiete für vergleichbare Wohnungen und wird anhand der tatsächlichen Marktlage ermittelt oder an dieser orientiert. Vielerorts geben Mietspiegel Auskunft über die ortsübliche Vergleichsmiete.
Hierzu führt das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) weiter aus:
Die Mietpreisbremse gilt in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt. Die Landesregierungen können betreffende Gebiete durch Rechtsverordnung bestimmen.
Das geltende Recht sieht vor, dass Rechtsverordnungen, mit denen die Mietpreisbremse zur Anwendung gebracht wird, spätestens mit Ablauf des 31.12.2025 außer Kraft treten. Ohne eine Verlängerung fänden die Regeln über die Mietpreisbremse spätestens ab dem 1.1.2026 keine Anwendung mehr.
In ihrem jeweiligen Geltungsbereich hat die Mietpreisbremse den Mietanstieg zumindest moderat verlangsamt. Ein Auslaufen der Mietpreisbremse würde dazu führen, dass die die Mieten bei Wiedermietung schneller ansteigen würden. Das trifft insbesondere Menschen mit niedrigen Einkommen und kann zu einer beschleunigten Verdrängung führen.
Mit der nunmehr beschlossenen Formulierungshilfe soll die Verordnungsermächtigung für die Mietpreisbremse bis zum verlängert werden. Den Landesregierungen wird so ermöglicht, durch Rechtsverordnung auch über den 31.12.2025 hinaus Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt zu bestimmen, in denen die Mietpreisbremse zur Anwendung gelangen soll.
Hinweise: Die Verlängerung der Mietpreisbremse sollte eigentlich bereits in der letzten Legislaturperiode beschlossen werden. Wegen des vorzeitigen Endes der Regierungskoalition wurde das Gesetz allerdings nicht mehr verabschiedet. Das neue Gesetz soll nun in den Deutschen Bundestag eingebracht werden und muss das weitere Gesetzgebungsverfahren durchlaufen.
Quelle: BMJV, Pressemitteilung v. 28.5.2025; NWB
Umsatzsteuerlicher Direktanspruch gegen das Finanzamt
Tue, 27 May 2025 10:50:00 +0200
Ein Unternehmer kann ausnahmsweise einen sog. umsatzsteuerlichen Direktanspruch gegen das Finanzamt haben, der zur Minderung seiner Umsatzsteuer führt. Dies setzt u.a. voraus, dass der Vertragspartner des Unternehmers in einer Rechnung an den Unternehmer zu Unrecht Umsatzsteuer für eine Leistung, die bereits erbracht oder aber noch zu erbringen ist, gesondert ausgewiesen hat. Hieran fehlt es, wenn der Vertragspartner in einer sog. Belastungsabrechnung nur einen Minus-Nettobetrag und eine Minus-Umsatzsteuer ausgewiesen hat.
Hintergrund: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat der Unternehmer einen sog. Direktanspruch gegen das Finanzamt, wenn er zu viel Umsatzsteuer an seinen Vertragspartner zahlt, weil dieser z.B. zu Unrecht den regulären Umsatzsteuersatz statt des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in Rechnung gestellt hat, und der Unternehmer den zu Unrecht gezahlten Umsatzsteuerbetrag weder als Vorsteuer geltend machen kann noch von seinem Lieferanten zurückerhält, weil der Vertragspartner zahlungsunfähig ist oder die Einrede der Verjährung erhebt.
Sachverhalt: Die M-GmbH, die eine umsatzsteuerliche Organgesellschaft der Klägerin war, hatte im Jahr 2006 Lieferungen an den Abnehmer A erbracht. Es kam im Jahr 2006 nun zu sog. „Belastungen“ des A an die M-GmbH. In diesen „Belastungen“ wurden in den Spalten mit den Überschriften „Nettobeträge“ und „Umsatzsteuer“-Beträge aufgeführt, die jeweils mit einem Minuszeichen versehen waren. Als Zahlungsgrund wurde in den „Belastungen“ ein „Grundbonus“ oder „Potentialbonus“ o.ä. genannt, der zu Zahlungen der M-GmbH an A führte. Die Klägerin machte die in den „Belastungen“ aufgeführten Minus-Umsatzsteuern vergeblich als Vorsteuer geltend; denn das Finanzamt ging von einer bloßen Entgeltminderung aus und verlangte von der Klägerin im Jahr 2016 eine entsprechende Nachzahlung. Die M-GmbH verlangte von A den Umsatzsteuerbetrag vergeblich zurück, da A bereits insolvent war. Daraufhin machte die Klägerin als umsatzsteuerliche Organträgerin einen Direktanspruch gegen das Finanzamt geltend.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
Der sog. Direktanspruch des Unternehmers gegen das Finanzamt setzt u.a. voraus, dass sein Vertragspartner zu Unrecht Umsatzsteuer für eine Leistung, die bereits erbracht oder aber noch zu erbringen ist, gesondert ausgewiesen hat.
Hieran fehlte es. Denn A hat keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen, sondern lediglich Nettobeträge sowie Umsatzsteuer jeweils mit einem Minusbetrag ausgewiesen. Außerdem ist auch nicht erkennbar, dass A eine Leistung an die M-GmbH erbracht hat. Denn in den „Belastungen“ wird lediglich ein „Grundbonus“ oder „Potentialbonus“ oder ein vergleichbarer Rabatt genannt, der aber keine Leistung darstellt.
Hinweise: Beim BFH hatte bereits der Insolvenzverwalter des A geklagt; der BFH hatte in jenem Verfahren entschieden, dass die „Belastungen“ keine Rechnungen darstellen; der BFH hält in seiner aktuellen Entscheidung an dieser Beurteilung fest.
Der Direktanspruch gegen das Finanzamt wird im Rahmen eines Billigkeitsverfahrens, z.B. durch einen Antrag auf Erlass der Umsatzsteuer oder auf Billigkeitsfestsetzung, geltend gemacht. Der Direktanspruch scheidet aus, wenn dem Unternehmer Betrug, Missbrauch oder Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist.
Quelle: BFH, Beschluss vom 05.12.2024 – V R 11/23; NWB
Geschäftsleitende Holding-Personengesellschaft und körperschaftsteuerliche Organschaft
Mon, 26 May 2025 08:11:00 +0200
Eine geschäftsleitende Holding-Personengesellschaft kann Organträger bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft sein, weil die geschäftsleitende Tätigkeit gewerblich ist. Es ist nicht erforderlich, dass die geschäftsleitende Holding-Personengesellschaft noch konzernintern entgeltliche Dienstleistungen erbringt oder andere gewerbliche Aktivitäten ausübt.
Hintergrund: Eine körperschaftsteuerliche Organschaft zwischen einem Organträger und einer oder mehrerer Organgesellschaften ermöglicht die Zusammenfassung der Ergebnisse der Gesellschaften des Organkreises, so dass z.B. der Verlust der Organgesellschaft mit dem Gewinn des Organträgers oder einer anderen Organgesellschaft verrechnet werden kann. Als Organträger kommen insbesondere natürliche Personen oder Kapitalgesellschaften in Betracht. Nach dem Gesetz kann aber auch eine Personengesellschaft Organträger sein; dies setzt voraus, dass sie eine gewerbliche Tätigkeit ausübt.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH. Nach einer Umstrukturierung war Alleingesellschafterin der Klägerin die X-KG, deren Gesellschafterin wiederum eine Stiftung war. Zwischen der Klägerin und der X-KG bestand ein Ergebnisabführungsvertrag, nach dem die Klägerin verpflichtet war, ihren gesamten Gewinn an die X-KG abzuführen. Die X-KG war insgesamt an neun Kapitalgesellschaften beteiligt; die X-KG und die neun Gesellschaften bildeten die X-Gruppe. Hauptgeschäftsführer der X-Gruppe waren im Streitjahr 2008 D, E und F, die u.a. auch Geschäftsführer der Klägerin und mindestens einer weiteren Tochterkapitalgesellschaft sowie Vorstand der Stiftung waren. Die Klägerin ging davon aus, dass zwischen ihr und der X-KG eine körperschaftsteuerliche Organschaft bestand, so dass die X-KG den Gewinn der Klägerin versteuern musste, nicht aber die Klägerin selbst. Das Finanzamt erkannte die Organschaft nicht an, weil es eine gewerbliche Tätigkeit der X-KG verneinte; es erfasste daher die Gewinnabführung der Klägerin an die X-KG als verdeckte Gewinnausschüttung.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Die X-KG war Organträger, weil sie als geschäftsleitende Holding gewerblich tätig war. Wird die Holding nach außen erkennbar leitend tätig, nimmt sie am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil und erfüllt damit auch das Merkmal einer gewerblichen Tätigkeit.
Die geschäftsleitende Tätigkeit ergibt sich im Streitfall daraus, dass sich die Geschäftsführer D, E und F alle 14 Tage zu Geschäftsführersitzungen trafen, dabei das Tagesgeschäft der Gesellschaften besprachen und auch konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Ertragslage diskutierten und beschlossen.
Für die gewerbliche Tätigkeit der X-KG ist nicht erforderlich, dass sie zusätzlich zur geschäftsleitenden Holdingtätigkeit noch konzernintern entgeltliche Dienstleistungen erbringt oder andere gewerbliche Aktivitäten ausübt.
Hinweise: Der BFH widerspricht mit seinem aktuellen Urteil der Auffassung des Bundesfinanzministeriums, das allein eine geschäftsleitende Holdingtätigkeit nicht für ausreichend hält, sondern noch weitere gewerbliche Tätigkeiten verlangt.
Ausdrücklich offen gelassen hat der BFH die Frage, ob eine geschäftsleitende Holding nur dann als gewerblich anzusehen ist, wenn sie an mindestens zwei Tochtergesellschaften beteiligt ist oder ob die Beteiligung an nur einer Tochtergesellschaft genügt. Diese Frage war im Streitfall nicht relevant, da die X-KG an insgesamt neun Tochtergesellschaften beteiligt war.
Quelle: BFH, Urteil vom 27.11.2024 – I R 23/21; NWB
Darlehensgewährung eines Gesellschafters an die vermögensverwaltende Personengesellschaft
Fri, 23 May 2025 08:02:00 +0200
Gewährt der Gesellschafter einer Personengesellschaft, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt und somit vermögensverwaltend tätig ist, der vermögensverwaltenden Personengesellschaft ein verzinsliches Darlehen, wird das Darlehen steuerlich nicht anerkannt, soweit der Gesellschafter beteiligt ist. In diesem Umfang sind auch die Zinsen, die die vermögensverwaltende Personengesellschaft an den Gesellschafter zahlt, nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar.
Hintergrund: Im Steuerrecht gibt es zwei verschiedene Gruppen von Einkunftsarten: zum einen die sog. Gewinneinkünfte, zu denen die „unternehmerischen“ Einkünfte wie z.B. aus Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit gehören, und zum anderen die sog. Überschusseinkünfte, zu denen z.B. Vermietungseinkünfte oder Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gehören. Diese Unterscheidung gilt auch für Personengesellschaften, so dass Personengesellschaften entweder Gewinneinkünfte oder Überschusseinkünfte erzielen können.
Sachverhalt: Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die Vermietungseinkünfte erzielte und damit vermögensverwaltend tätig war. Eine sog. gewerbliche Prägung, die zu Gewinneinkünften (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) geführt hätte, lag nicht vor, da nicht nur die Komplementär-GmbH, sondern auch die Kommanditistin F zur Geschäftsführung befugt war. Die Beteiligungsquote der F betrug 100 %. F gewährte der Klägerin im Juni 2012 ein verzinsliches Darlehen. Die Klägerin zahlte hierfür im Jahr 2012 Zinsen und machte diese als Werbungskosten geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Das Darlehen war steuerlich nicht anzuerkennen, da die F als Darlehensgeberin zu 100 % an der Klägerin als Darlehensnehmerin beteiligt war.
Da die Klägerin Überschusseinkünfte erzielte, nämlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, galt für sie die sog. Bruchteilsbetrachtung, nach der die Wirtschaftsgüter der Klägerin den Gesellschaftern im Umfang ihrer Beteiligungsquote direkt zugerechnet werden. Da nur F am Vermögen der Klägerin beteiligt war, war ihr die Darlehensverbindlichkeit steuerlich zu 100 % zuzurechnen; zugleich war F aber auch Darlehensgeberin, so dass im Ergebnis Gläubiger und Schuldner ein und dieselbe Person waren, nämlich F.
Die von der Personengesellschaft gezahlten Darlehenszinsen wurden steuerlich damit als Zinsen angesehen, die von F als alleinige Gesellschafterin der Klägerin gezahlt werden, und zwar an F als Darlehensgeberin. Ein Werbungskostenabzug war somit nicht möglich. Die an F geflossenen Zinsen stellten ein sog. Ergebnisvorab der F dar, wurden also wie ein Anteil der F am Überschuss der Klägerin behandelt.
Hinweise: Wäre die F nur zu 40 % an der Klägerin beteiligt gewesen, wären die Zinsen, die die Klägerin an F gezahlt hat, zu 60 % als Werbungskosten abziehbar und zu 40 % - im Umfang der Beteiligungsquote der F – nicht abziehbar gewesen.
Wenn die Gläubigerstellung mit der Schuldnerstellung zusammenfällt, erlischt die Forderung und Verbindlichkeit durch sog. Konfusion. Eine Zinszahlung ist dann nicht mehr möglich. Dieses Ergebnis trat im Streitfall ein und beruhte darauf, dass die vermögensverwaltende (vermietende) Personengesellschaft aufgrund der sog. Bruchteilsbetrachtung als transparent behandelt wird. Dementsprechend werden auch Mietverträge zwischen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern steuerlich nicht anerkannt, soweit der mietende Gesellschafter an der Personengesellschaft und damit am Grundstück beteiligt ist.
Das Ergebnis wäre anders ausgefallen, wenn die Klägerin Gewinneinkünfte erzielt hätte, z.B. aufgrund einer gewerblichen Prägung, wenn nur die Komplementär-GmbH zur Geschäftsführung berechtigt gewesen wäre. Die Personengesellschaft wäre steuerlich dann als Mitunternehmerschaft anzusehen gewesen, so dass die Bruchteilsbetrachtung durch die Regeln über die Mitunternehmerschaft verdrängt worden wäre. Rechtsbeziehungen zwischen der Mitunternehmerschaft und dem Mitunternehmer (Gesellschafter) würden dann anerkannt werden, so dass die Klägerin die Zinsen als Betriebsausgaben hätte abziehen können. Allerdings würden die Zinseinnahmen der F als sog. Sonderbetriebseinnahmen und damit den Gewinneinkünften zugerechnet werden. Die F müsste also gewerbliche Zinseinkünfte versteuern, so dass z. B. die Abgeltungsteuer von 25 % für sie nicht gelten würde.
Quelle: BFH, Urteil vom 27.11.2024 – I R 19/21; NWB
Entfernungspauschale für Fahrten des Piloten zum Flughafen
Tue, 20 May 2025 08:01:00 +0200
Ein Pilot einer Fluggesellschaft kann für seine Fahrten von seiner Wohnung zum Flughafen, an dem er stationiert ist, nur die Entfernungspauschale geltend machen. Denn bei dem Stationierungsflughafen handelt es sich um seine sog. erste Tätigkeitsstätte.
Hintergrund: Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte können Arbeitnehmer nur die Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer für die ersten 20 Kilometer und für jeden weiteren Entfernungskilometer 0,38 Euro im Zeitraum 2022 bis 2026 geltend machen.
Sachverhalt: Der Kläger war Pilot bei einer Fluggesellschaft und dem Stationierungsflughafen in B-Stadt zugewiesen. Er musste knapp zwei Stunden vor Abflug am Flughafen sein, um dort den Flug vorzubereiten. Für das Streitjahr 2018 machte der Kläger 73 Fahrten von seiner Wohnung zum 150 km entfernten Flughafen nach B-Stadt für die Hin- und Rückfahrt mit einer Pauschale von 0,30 € für jeden gefahrenen Kilometer (300 km für Hin- und Rückfahrt) geltend. Das Finanzamt erkannte lediglich die Entfernungspauschale für 150 km x 0,30 € für 73 Fahrten an.
Entscheidung: Das Finanzgericht Köln (FG) wies die Klage ab:
Bei dem Stationierungsflughafen in B-Stadt handelte es sich um die erste Tätigkeitsstätte des Klägers, so dass nur die Entfernungspauschale pro Entfernungskilometer und nicht die Kosten für die Hin- und Rückfahrt anzusetzen waren.
Der Kläger war dem Flughafen in B-Stadt arbeitsrechtlich dauerhaft zugeordnet. Unbeachtlich ist, dass der Kläger nicht jeden Tag zum Stationierungsflughafen gefahren ist und dass er vom Stationierungsflughafen in B-Stadt auch die sog. Dead-Head-Flüge angetreten ist, bei denen er wie ein normaler Passagier zu einem anderen Flughafen geflogen ist, um von dort aus als Pilot seinen Flug anzutreten.
Eine erste Tätigkeitsstätte erfordert, dass der Arbeitnehmer an dieser zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten ausführt, die er arbeitsrechtlich schuldet. Diese Voraussetzung war im Streitfall erfüllt, da der Kläger am Flughafen die Sicherheitskontrolle durchlief, sich mit seiner Crew auf den Flug vorbereitete, die Flugsicherheit prüfte und gelegentlich einen Alkohol- und Drogentest absolvieren musste.
Hinweise: Das Urteil betrifft die Rechtslage ab 2014. Zur früheren Rechtslage hatte der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass das Cockpit eines Piloten mangels Ortsfestigkeit keine regelmäßige Arbeitsstätte ist. Nach dem aktuellen Urteil des FG Köln kommt es hingegen auf die Ortsfestigkeit des Flughafengeländes an.
Gegen das Urteil ist Revision beim BFH eingelegt worden.
Quelle: FG Köln, Urteil vom 4.12.2024 – 12 K 1369/21, Rev. beim BFH: VI R 4/25; NWB
Vorsicht Falle: Betrugsversuche im Namen des Bundeszentralamtes für Steuern
Mon, 19 May 2025 16:13:00 +0200
Aktuell warnt das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) vor neuen Betrugsversuchen, die per E-Mail sowie teilweise auch per Post im Namen des BZSt versendet werden.
Rückzahlung der Einkommensteuer Die Empfänger erhalten von E-Mail-Adressen wie z. B. bzst-poststelle@bzst.de, teilweise auch mit der Domain-Endung "bzst.bund.de", die eine offizielle E-Mail-Adresse des BZSt suggerieren, eine betrügerische E-Mail. Es wird angegeben, dass eine Rückerstattung der Einkommensteuer vorgesehen und hierfür eine Identifizierung erforderlich ist.
Angeblicher Verspätungszuschlag Die Empfänger erhalten von der Absender-Adresse "info@bzst-zahlungsfrist.com" bzw. von ähnlichen E-Mail-Adressen, die eine offizielle E-Mail-Adresse des BZSt suggerieren, eine betrügerische E-Mail. Der E-Mail ist teilweise ein pdf-Dokument beigefügt, bei dem es sich angeblich um einen Bescheid vom BZSt handeln soll. Teilweise gehen diese Schreiben auch auf postalischem Wege ein.
Bescheid per E-Mail Die Empfänger erhalten von der Absender-Adresse „news@bzst-infos.de“ eine betrügerische E-Mail. Der E-Mail ist ein pdf-Dokument beigefügt, bei dem es sich angeblich um einen Bescheid vom BZSt handeln soll.
Hinweis: Das BZSt empfiehlt Betroffenen, die beigefügte Dokumente nicht zu öffnen und die E-Mails unverzüglich zu löschen. Weitere Informationen zu aktuellen Betrugsversuchen finden Sie auf der Homepage des BZSt.
Quelle: BZSt, Meldung v. 16.5.2025; NWB
Unentgeltliche Betriebsübertragung an Kind unter Vorbehaltsnießbrauch
Mon, 19 May 2025 08:42:00 +0200
Bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs unter Vorbehaltsnießbrauch, bei der der bisherige Betriebsinhaber den Betrieb fortführt, kann der Übernehmer des Betriebs nicht die Buchwerte des bisherigen Betriebsinhabers fortführen. Vielmehr gehören die auf den Übernehmer übertragenen Wirtschaftsgüter nun zum Privatvermögen des Übernehmers. Bei einem späteren Wegfall des Nießbrauchs und der Fortführung des Betriebs durch den Übernehmer sind die Wirtschaftsgüter nun in das Betriebsvermögen des Übernehmers mit dem Teilwert einzulegen.
Hintergrund: Wird ein Betrieb unentgeltlich übertragen, kann der Erwerber nach dem Gesetz die Buchwerte des bisherigen Betriebsinhabers fortführen. Es müssen also keine stillen Reserven, d.h. die Differenz zwischen dem tatsächlichen (höheren) Wert und dem Buchwert, aufgedeckt und versteuert werden.
Sachverhalt: Die Mutter des Klägers war bis 1995 Inhaberin eines Einzelunternehmens. Zum 31.12.1995 übertrug sie ihren Betrieb unentgeltlich auf ihren Sohn, den Kläger, behielt sich den Nießbrauch vor (sog. Vorbehaltsnießbrauch) und führte den Betrieb fort. Nach dem Übergabevertrag gingen Gefahr, Nutzen und Lasten des Betriebs auf den Kläger über. Zum 31.12.1999 nahm die Mutter auf Forderungen, die bis zum 31.12.1997 entstanden waren, eine Teilwertabschreibung vor. Zum 31.12.2002 verzichtete die Mutter auf ihren Nießbrauch. Der Kläger führte den Betrieb ab dem 1.1.2003 fort. Zum 31.12.2004 wurden die Forderungen, auf die die Mutter zum 31.12.1997 Teilwertabschreibungen vorgenommen hatte, wieder werthaltig, weil die Überschuldung des Schuldners im Jahr 2004 wegfiel. Das Finanzamt erhöhte daher den Gewinn des Klägers im Jahr 2004, der hiergegen klagte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine gewinnerhöhende Wertaufholung nur dann für möglich, wenn die Forderungen nach der Betriebsübertragung am 31.12.1995 entstanden sind. Die Richter verwiesen die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:
Sollten die Forderungen bis zum 31.12.1995 entstanden sein, scheidet eine Wertaufholung beim Kläger aus.
Die Forderungen wären dann aufgrund der Betriebsübertragung auf den Kläger übergegangen, da der Kläger nicht nur das zivilrechtliche Eigentum an den Wirtschaftsgütern erhalten hatte, sondern auch das wirtschaftliche Eigentum; denn Gefahr, Nutzen und Lasten des Betriebs sollten nach dem Übertragungsvertrag auf den Kläger übergehen.
Die auf den Kläger übergegangenen Forderungen wären seinem Privatvermögen zuzurechnen gewesen, da der Kläger den Betrieb nicht fortgeführt hat. Die bei einer unentgeltlichen Betriebsübertragung mögliche Buchwertfortführung wäre nicht anwendbar, da sie nach der Rechtsprechung voraussetzt, dass der bisherige Betriebsinhaber seine betriebliche Tätigkeit einstellt.
Mit dem Verzicht auf das Nießbrauchsrecht zum 31.12.2002 und der nun erfolgten Betriebsfortführung durch den Kläger waren die Forderungen ab 1.1.2003 dem Betriebsvermögen des Klägers zuzurechnen und mit dem Teilwert einzulegen. Der Teilwert bildet die Obergrenze für die Aktivierung der Forderungen, so dass eine Erhöhung dieses Wertes durch eine Wertaufholung im Jahr 2004 infolge des Wegfalls der Überschuldung beim Schuldner nicht zulässig wäre.
Sollten die Forderungen nach dem 31.12.1995 entstanden sein, wäre eine Wertaufholung hingegen denkbar.
Die Forderungen wären dann im Betriebsvermögen der Mutter ab 1996 entstanden und wären zum 31.12.1997 aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung teilweise abgeschrieben worden.
Aufgrund des Verzichts der Mutter auf ihr Nießbrauchsrecht zum 31.12.2002 wären die (abgeschriebenen) Forderungen nun zum (niedrigen) Buchwert auf den Kläger übergegangen. Denn nun kam es zu einem Übergang des Betriebs, da der Kläger den Betrieb fortführte.
Infolge der Buchwertfortführung wurde der Kläger nun bilanziell Rechtsnachfolger seiner Mutter. Er hätte daher auch eine Wertaufholung gewinnerhöhend vornehmen müssen, wenn sie nach dem 31.12.2002 eingetreten ist.
Hinweise: Das FG muss nun aufklären, wann die streitigen Forderungen entstanden sind und ob es – falls die Forderungen nach dem 31.12.1995 entstanden sind – zu einer Wertaufholung gekommen ist.
Der BFH bestätigt seine aktuelle Rechtsprechung, nach der eine unentgeltliche Betriebsübertragung unter Vorbehaltsnießbrauch nicht zur Buchwertfortführung führt, wenn der Vorbehaltsnießbraucher seine betriebliche Tätigkeit nicht aufgibt, sondern fortführt. Erst das spätere Erlöschen des Nießbrauchs durch Tod oder Verzicht ermöglicht eine Buchwertfortführung, wenn der Erwerber den Betrieb nun fortführt.
Vom Vorbehaltsnießbrauch, bei dem das Eigentum an den Wirtschaftsgütern übertragen wird und der bisherige Eigentümer sich den Nießbrauch vorbehält, zu unterscheiden ist der sog. Zuwendungsnießbrauch, bei dem der bisherige Betriebsinhaber den Betrieb zivilrechtlich behält, aber einem anderen den Nießbrauch einräumt, der nun das Unternehmen führt. Hier ist eine Buchwertfortführung durch den Nießbrauchsberechtigten möglich.
Quelle: BFH, Urteil vom 29.1.2025 – X R 35/19; NWB
Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters bei Fortführung des Unternehmens durch den Verwalter
Fri, 16 May 2025 08:12:00 +0200
Führt der Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Unternehmen fort, richtet sich der Umfang des Vorsteuerabzugs aus der Rechnung des Insolvenzverwalters nach dem Verhältnis der vom Insolvenzverwalter getätigten umsatzsteuerpflichtigen Umsätze zum Gesamtumsatz während des Insolvenzzeitraums. Unerheblich ist das Verhältnis der zur Insolvenztabelle angemeldeten unternehmerischen Insolvenzforderungen zu dem angemeldeten Gesamtforderungsbetrag, in dem auch private Insolvenzforderungen enthalten sind.
Hintergrund: Der Vorsteuerabzug setzt grundsätzlich voraus, dass der Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt. Tätigt der Unternehmer sowohl umsatzsteuerpflichtige als auch umsatzsteuerfreie Umsätze, muss die Vorsteuer aufgeteilt werden. Sie ist nur in dem Umfang abziehbar, in dem der Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt.
Sachverhalt: U war selbständiger IT-Administrator. Über sein Vermögen wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Zur Insolvenztabelle wurden sowohl private als auch unternehmerische Insolvenzforderungen angemeldet; dabei betrug der Anteil der unternehmerischen Insolvenzforderungen zu dem angemeldeten Gesamtforderungsbetrag lediglich rund 17 %. Der Kläger führte als Insolvenzverwalter das Unternehmen des U fort und erzielte während des Insolvenzverfahrens Umsätze in Höhe von ca. 250.000 €. Der Kläger erzielte dabei überwiegend (ca. 97 %) umsatzsteuerpflichtige Umsätze und nahm nur in geringfügigem Umfang Verwertungshandlungen vor, bei denen er Wirtschaftsgüter veräußerte, um die Gläubiger zu befriedigen. Der Kläger berechnete für seine Insolvenzverwaltertätigkeit eine Vergütung von ca. 21.000 € zzgl. ca. 4.000 € Umsatzsteuer und machte die Umsatzsteuer im Umfang von 97 % als Vorsteuer des U geltend. Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug hingegen nur im Umfang von 17 % an.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Die Vorsteuer ist zwar nicht vollständig abziehbar, weil nicht ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt wurden. Der Vorsteuerabzug ist aber im Umfang von 97 % möglich, weil der Kläger als Insolvenzverwalter während des Insolvenzverfahrens ganz überwiegend umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt hat.
Maßgeblich für den Umfang des Vorsteuerabzugs ist das Verhältnis der vom Kläger im Insolvenzzeitraum ausgeführten umsatzsteuerpflichtigen Umsätze zum Gesamtumsatz. Denn der Kläger hat das Unternehmen des U fortgeführt, da er in erheblichem Umfang Umsätze aus der bisherigen Tätigkeit im IT-Bereich erzielt und so gut wie keine Verwertungshandlungen vorgenommen hat. Der Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz im Insolvenzzeitraum betrug ca. 97 %, so dass der Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters in diesem Umfang möglich war.
Hinweise: Anders wäre die Entscheidung ausgefallen, wenn U sein Unternehmen bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingestellt hätte. In diesem Fall wäre es auf das Verhältnis der bis zur Einstellung getätigten umsatzsteuerpflichtigen Umsätze zu dem bis dahin getätigten Gesamtumsatz angekommen.
Für die Annahme der Unternehmensfortführung spricht neben der eigentlichen Fortführung der bisherigen Tätigkeit, wenn das Vermögen nicht verwertet wird oder wenn in einem Insolvenzplan eine Regelung zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird.
Quelle: BFH, Urteil vom 23.10.2024 – XI R 20/22; NWB
Kein Werbungskostenabzug für Umzug zur Begründung eines häuslichen Arbeitszimmers
Wed, 14 May 2025 09:33:00 +0200
Die Kosten eines Arbeitnehmers für den Umzug in eine größere Wohnung, um dort erstmals ein häusliches Arbeitszimmer begründen zu können, sind nicht als Werbungskosten absetzbar. Denn ein Umzug in eine größere Wohnung ist stets auch privat veranlasst.
Hintergrund: Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen sind als Werbungskosten abziehbar.
Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute und als Arbeitnehmer in Hamburg beschäftigt. Sie lebten mit ihrer fünf Jahre alten Tochter in einer 65 qm großen Drei-Zimmer-Wohnung, in der es kein häusliches Arbeitszimmer gab. Zum 30.6.2020 wechselte der Kläger den Arbeitgeber. Um auch von zu Hause aus arbeiten zu können, zogen die Kläger zum Juli 2020 in eine ca. 110 qm große Fünf-Zimmer-Wohnung um, in der sie zwei häusliche Arbeitszimmer einrichteten. Die Kläger machten die Umzugskosten in Höhe von ca. 4.200 € als Werbungskosten geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Grundsätzlich sind Umzugskosten privat veranlasst und daher nicht als Werbungskosten abziehbar.
Ausnahmsweise können Umzugskosten jedoch als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der entscheidende Grund für den Umzug die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers ist und wenn private Umstände eine allenfalls untergeordnete Rolle spielen. Dies ist etwa der Fall, wenn sich aufgrund des Umzugs die tägliche Fahrzeit zur Arbeit um mindestens eine Stunde verkürzt. Auch der Auszug aus einer Dienstwohnung bzw. der Einzug in eine Dienstwohnung können hierzu gehören.
Die berufliche Veranlassung muss sich aber auf objektiv feststellbare Umstände stützen lassen. Dies erfordert das Gebot der Rechtssicherheit. Allein die Absicht, erstmals über ein häusliches Arbeitszimmer verfügen zu können, genügt nicht, weil die Wahl einer Wohnung auch vom Geschmack, von den Lebensgewohnheiten, den finanziellen Mitteln und der familiären Situation abhängig ist. So konnten die Kläger jetzt z.B. ihr neues Wohnzimmer ausschließlich für private Zwecke nutzen und mussten es nicht mit einer oder gar zwei Arbeitsecken ausstatten. Daher sind die entstandenen Umzugskosten der privaten Lebensführung zuzuordnen und nicht als Werbungskosten abziehbar.
Hinweise: Abziehbar waren im Streitfall jedoch die Kosten für die häuslichen Arbeitszimmer.
Die Entscheidung des BFH ist nicht unproblematisch, weil sich die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer seit der Corona-Krise geändert haben. Zunehmend wird von Arbeitnehmern erwartet, dass sie im häuslichen Arbeitszimmer arbeiten. Dies galt insbesondere im Streitjahr 2020, als die Corona-Krise begann. Der BFH sieht in seiner aktuellen Entscheidung diese Problematik durchaus, verneint aber dennoch eine maßgebliche berufliche Veranlassung des Umzugs.
Quelle: BFH, Urteil vom 5.2.2025 – VI R 3/23; NWB
Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters bei vorheriger Unternehmenseinstellung
Tue, 13 May 2025 08:03:00 +0200
Stellt der Insolvenzverwalter dem in Insolvenz geratenen Unternehmer eine Rechnung für die Insolvenzverwaltertätigkeit aus, ist die Vorsteuer, die sich aus der Rechnung ergibt, in dem Umfang abziehbar, in dem der Unternehmer bis zur Einstellung seiner Tätigkeit umsatzsteuerpflichtige Umsätze ausgeführt hat. Es kommt also nicht auf den während des Insolvenzverfahrens erzielten Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz an.
Hintergrund: Der Vorsteuerabzug setzt grundsätzlich voraus, dass der Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt. Tätigt der Unternehmer sowohl umsatzsteuerpflichtige als auch umsatzsteuerfreie Umsätze, muss die Vorsteuer aufgeteilt werden und ist nur in dem Umfang abziehbar, in dem der Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt.
Sachverhalt: U war Bauunternehmer und stellte aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage sein Unternehmen ein. Über das Vermögen des U wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Bis zur Unternehmenseinstellung betrug der Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze des U an seinem Gesamtumsatz 45 %. Der Kläger als Insolvenzverwalter begann nun mit der Abwicklung der noch nicht abgeschlossenen Bauvorhaben, schloss mit den Auftraggebern Aufhebungsvereinbarungen und verwertete das Vermögen, um die Gläubiger des U zu befriedigen; der Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz in der Zeit des Insolvenzverfahrens betrug nur 1,43 %. Anschließend stellte der Kläger seine Insolvenzverwaltertätigkeit dem U in Rechnung (ca. 90.000 € zzgl. ca. 17.00 € Umsatzsteuer) und gab für U eine Umsatzsteuererklärung ab, in der er die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer von 17.000 € zu 45 % als Vorsteuer geltend machte. Das Finanzamt erkannte die Vorsteuer nur im Umfang von 1,43 % an.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt und erkannte die Vorsteuer zu 45 % an:
Für den Umfang des Vorsteuerabzugs kommt es auf den Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz an.
Hat der Unternehmer seine unternehmerische Tätigkeit bereits vor der Insolvenzeröffnung eingestellt, ist es sachgerecht, auf das Verhältnis der Umsätze aus der Zeit bis zur Unternehmenseinstellung abzustellen. Es besteht dann nämlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Insolvenzverwalters und den im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen der Insolvenzgläubiger, die aus der Zeit bis zur Unternehmenseinstellung begründet worden sind.
Auf die Umsätze des Insolvenzverwalters aus den Verwertungshandlungen während des Insolvenzverfahrens kommt es nicht an. Daher mindern umsatzsteuerfreie Grundstücksverkäufe des Insolvenzverwalters nicht den Umfang des Vorsteuerabzugs.
Hinweise: Anders wäre der Fall zu entscheiden gewesen, wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen des U fortgeführt hätte. Entscheidend wäre dann das Verhältnis der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze des Insolvenzverwalters zum Gesamtumsatz aus der Zeit der Insolvenz gewesen. Dem Kläger als Insolvenzverwalter ging es aber nicht um die Fortführung des Unternehmens des U, sondern um die Befriedigung der Gläubiger, da er das Vermögen verwertete und die bereits angefangenen Aufträge nicht zu Ende führte, sondern Aufhebungsvereinbarungen mit den Auftraggebern schloss.
Ob eine Unternehmensfortführung durch den Insolvenzverwalter beabsichtigt ist, kann sich insbesondere aus einem Insolvenzplan ergeben.
Quelle: BFH, Urteil vom 23.10.2024 – XI R 8/22; NWB
Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge seit Beginn des Kriegs in der Ukraine
Mon, 12 May 2025 08:21:00 +0200
Die Höhe der Säumniszuschläge von 1 % pro Monat bzw. 12 % pro Jahr ist verfassungsgemäß, da jedenfalls seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Marktzinsen deutlich und dauerhaft gestiegen sind.
Hintergrund: Bei einer verspäteten Zahlung von Steuern werden für jeden Monat Säumniszuschläge in Höhe von 1 % des rückständigen Betrags verwirkt (jährlich 12 %). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Jahr 2021 die Höhe des Zinssatzes von 6 % für Nachzahlungszinsen für Zeiträume ab 1.1.2019 für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber hat deshalb rückwirkend ab 1.1.2019 den Zinssatz auf 0,15 % monatlich bzw. 1,8 % jährlich gemindert. Für Säumniszuschläge bleibt es aber bei dem Satz von 1 % pro Monat. Ob diese Höhe verfassungskonform ist, ist umstritten.
Sachverhalt: Der Antragsteller erhielt einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2017, aus dem sich eine Nachzahlung in Höhe von ca. 190.000 € ergab. Er beantragte zunächst mit Erfolg die Aussetzung der Vollziehung, so dass keine Säumniszuschläge verwirkt wurden. Das Finanzamt widerrief jedoch mit Wirkung zum 19.3.2022 die Aussetzung der Vollziehung und machte die weitere Gewährung der Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 108.000 € abhängig. Hierzu teilte es dem Antragsteller mit, dass die Aussetzung der Vollziehung weiterhin ab Fälligkeit ausgesetzt werde, sofern die Sicherheitsleistung erbracht werde. Nach längeren Verhandlungen zwischen dem Antragsteller und dem Finanzamt wurde am 20.12.2022 eine Grundschuld auf einem Grundstück zugunsten des Finanzamts eingetragen. Das Finanzamt gewährte nun erneut eine Aussetzung der Vollziehung, aber nur mit Wirkung ab dem 20.12.2022. Dies führte dazu, dass der Antragsteller Säumniszuschläge für den Zeitraum vom 19.3.2022 bis zum 19.12.2022 in Höhe von ca. 17.000 € zahlen sollte. Er beantragte einen Abrechnungsbescheid und anschließend die Aussetzung der Vollziehung des Abrechnungsbescheids.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Abrechnungsbescheids statt:
Zwar ist die Höhe der Säumniszuschläge verfassungsgemäß. Denn selbst wenn man annehmen würde, dass Säumniszuschläge auch eine Gegenleistung für den Liquiditätsvorteil für den Steuerpflichtigen darstellen, wäre die Höhe von 12 % pro Jahr nicht unverhältnismäßig. Denn jedenfalls seit Beginn des Kriegs, den Russland gegen die Ukraine führt, ist die Niedrigzinsphase beendet worden. So sind z.B. die Zinssätze für private Überziehungskredite von 6,95 % im Februar 2022 auf 8,33 % im Dezember 2022 gestiegen. Ein im Säumniszuschlag enthaltener Gegenleistungsanteil wäre daher nicht mehr realitätsfremd.
Es bestehen aber ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheids, insbesondere hinsichtlich des Beginns der gewährten Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt hat die erneute Aussetzung nämlich erst mit Wirkung ab dem 20.12.2022 ausgesprochen. Allerdings spricht einiges dafür, dass die (erneute) Aussetzung der Vollziehung weiterhin ab Fälligkeit, also rückwirkend ab Fälligkeit, gewährt wurde, so dass keine Säumniszuschläge verwirkt wurden. Denn das Finanzamt hat beim Widerruf der Aussetzung der Vollziehung selbst ausgeführt, dass die Vollziehung weiterhin ab Fälligkeit ausgesetzt wird, sofern die Sicherheitsleistung erbracht wird. Da die Sicherheitsleistung durch Eintragung einer Grundschuld erbracht wurde, ist von einer rückwirkenden Aussetzung der Vollziehung auszugehen.
Hinweise: Über die Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen kann abschließend nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Der BFH geht bislang überwiegend von einer Verfassungsmäßigkeit aus. Hierzu passt auch das aktuelle Urteil, in dem der BFH nun erstmalig auf die gestiegenen Zinsen seit Beginn des Kriegs in der Ukraine hinweist.
Geht man davon aus, dass in den Säumniszuschlägen keine Gegenleistung für den Liquiditätsvorteil des Steuerpflichtigen enthalten ist, stellt der Säumniszuschlag nur ein Druckmittel dar, um den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Zahlung zu bewegen. Auf die Höhe der Zinsen am Markt und auf ein etwaiges Ungleichgewicht zwischen der Höhe des Säumniszuschlags und der Marktzinsen kommt es dann nicht an.
Quelle: BFH, Beschluss vom 21.3.2025 – X B 21/25 (AdV); NWB
Unterschiedliche Sterbetafeln für Männer und Frauen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer
Fri, 09 May 2025 08:16:00 +0200
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass bei der Bewertung lebenslanger Nutzungen und Leistungen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterschiedliche Sterbetafeln für Männer und Frauen verwendet werden. Dies dient einer realitätsgerechten Bewertung, da Frauen länger leben als Männer.
Hintergrund: Für die Bewertung lebenslanger Nutzungen und Leistungen wie z.B. von Nießbrauchsrechten, die dem Nießbrauchsberechtigten bis zum Tod zustehen sollen, muss ein Kapitalwert ermittelt werden. Hierfür wird ein Jahreswert der Nutzung ermittelt und mit einem Vervielfältiger multipliziert. Dieser Vervielfältiger wird anhand der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes ermittelt. Die Sterbetafel unterscheidet zwischen Männern und Frauen.
Sachverhalt: Ein 74 Jahre alter Vater übertrug seinen drei Kindern, einem Sohn (Kläger) und zwei Töchtern, im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge GmbH-Anteile, behielt sich aber einen lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch vor. Das für die GmbH zuständige Finanzamt bewertete die Anteile mit einem Wert von ca. 780.000 €. Das für die Besteuerung des Sohns (Klägers) zuständige Finanzamt zog hiervon den Wert des Nießbrauchs in Höhe von ca. 350.000 € ab, so dass sich für den Sohn ein Wert der Schenkung in Höhe von ca. 430.000 € ergab. Bei der Bewertung des Nießbrauchs wandte das Finanzamt die für den Bewertungsstichtag maßgebliche Sterbetafel für Männer an und gelangte zu einem Vervielfältiger von 8,431 (verbleibende Lebenserwartung für 74 Jahre alte Männer 11,21 Jahre). Der Kläger machte geltend, dass sich nach der Sterbetafel für Frauen ein höherer Vervielfältiger und damit auch ein höherer Abzug ergeben würde, der Wert der Schenkung also geringer ausfalle.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage des Sohnes ab:
Die unentgeltliche Übertragung der GmbH-Anteile vom Vater auf den Sohn war schenkungsteuerbar.
Der Wert der übertragenen GmbH-Anteile wurde von dem für die GmbH zuständigen Finanzamt mit 780.000 € festgestellt. Dieser Wert wurde durch den Nießbrauch des Vaters gemindert.
Bei der Bewertung des Nießbrauchs waren die Sterbetafeln für Männer anzusetzen, da der Vater ein Mann war. Zwar führen die Sterbetafeln zu einer geschlechterbedingten Ungleichbehandlung. Diese Ungleichbehandlung ist aber verfassungsrechtlich gefertigt; denn die unterschiedlichen Sterbetafeln für Männer und Frauen ermöglichen eine gleichheitsgerechte Belastung der Steuerpflichtigen, weil so die Werte der geschenkten Vermögensgegenstände zutreffend und realitätsgerecht abgebildet werden können; denn Männer leben nicht so lange wie Frauen, so dass sie die ihnen eingeräumte Nutzung und Leistung nicht so lange nutzen können wie eine Frau.
Hinweise: Frauen leben etwa fünf Jahre länger als Männer. Daher ist es gerecht, einen Nießbrauch, der einer Frau lebenslang eingeräumt wird, höher zu bewerten als einen Nießbrauch, der einem Mann lebenslang eingeräumt wird. Denn ein 74 Jahre alter Mann wird den Nießbrauch statistisch gesehen fünf Jahre weniger nutzen.
Die Verwendung unterschiedlicher Sterbetafeln für Männer und Frauen kann sich für den Steuerpflichtigen mal günstiger und mal ungünstiger auswirken. Wird ein Nießbrauch einer Frau lebenslang zugewendet, muss diese einen höheren Kapitalwert versteuern als ein Mann, der einen Nießbrauch bis zum Lebensende erhält. Im Streitfall wirkte es sich aber zum Nachteil des Klägers aus, dass der Schenker ein Mann war und sich einen lebenslangen Nießbrauch vorbehielt. Dafür wird der Kläger die GmbH-Anteile statistisch betrachtet fünf Jahre früher unbelastet nutzen können.
Würde der Nießbrauch bei dem 74 Jahre alten Vater nicht länger als fünf Jahre bestehen, könnte die Schenkungsteuerfestsetzung nach dem Gesetz auf Antrag berichtigt werden. Fällt der Nießbrauch weg, ist ein Antrag nicht erforderlich.
Quelle: BFH, Urteil vom 20.11.2024 – II R 38/22; NWB
Höhe des verrechenbaren Verlustes bei einer KG nach Bildung eines Investitionsabzugsbetrags
Wed, 07 May 2025 10:03:00 +0200
Wird nach Bildung eines Investitionsabzugsbetrags die Investition durchgeführt und der Investitionsabzugsbetrag außerbilanziell hinzugerechnet, mindert diese außerbilanzielle Hinzurechnung nicht den verrechenbaren Verlust des Kommanditisten. Denn die außerbilanzielle Hinzurechnung wirkt sich nicht auf das Kapitalkonto des Kommanditisten aus, das für die Höhe des verrechenbaren Verlustes maßgeblich ist.
Hintergrund: Der Gesetzgeber schränkt den Verlustausgleich von Kommanditisten ein, da diese nur beschränkt in Höhe ihrer Einlage haften. Ein Verlustanteil aus der KG-Beteiligung ist mit anderen positiven Einkünften nur so lange uneingeschränkt ausgleichsfähig, wie das Kapitalkonto des Kommanditisten positiv ist. Soweit sein Kapitalkonto negativ ist oder durch den Verlustanteil negativ wird, ist der Verlustanteil grundsätzlich nur verrechenbar und kann nur mit künftigen Gewinnanteilen aus der KG verrechnet werden.
Unternehmer können unter bestimmten Voraussetzungen einen Investitionsabzugsbetrag für künftige Investitionen in Höhe von 50 % der künftigen Anschaffungskosten gewinnmindernd bilden. Wird die Investition dann durchgeführt, kann der Unternehmer den Investitionsabzugsbetrag wieder gewinnerhöhend hinzurechnen und anschließend eine Abschreibung in dieser Höhe auf das Wirtschaftsgut vornehmen. Im Ergebnis handelt es sich bei dem Investitionsabzugsbetrag also um eine vorgezogene hohe Abschreibung.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, deren alleiniger Kommanditist B war. Die Klägerin hatte im Jahr 2015 einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 16.000 € für die künftige Anschaffung eines Pkw gebildet, den sie im Streitjahr 2018 erwarb. Die Klägerin rechnete den Investitionsabzugsbetrag im Jahr 2018 außerbilanziell in Höhe von 16.000 € wieder hinzu und kürzte anschließend die Anschaffungskosten für den Pkw sowie für weitere angeschaffte Wirtschaftsgüter in Höhe von insgesamt 16.000 €. Für das Streitjahr 2018 ergab sich aus der Bilanz der Klägerin ein Verlust, der durch die außerbilanzielle Hinzurechnung um 16.000 € gemindert wurde. Bei der Berechnung des verrechenbaren Verlustes berücksichtigte das Finanzamt aber nicht die außerbilanzielle Hinzurechnung des Betrags von 16.000 €. Im weiteren Streitjahr 2019 geschah das Gleiche, diesmal aber aufgrund der Hinzurechnung eines im Jahr 2016 gebildeten Investitionsabzugsbetrags, der im Jahr 2019 nach Durchführung der Investition außerbilanziell hinzugerechnet wurde; auch hier berücksichtigte das Finanzamt die außerbilanzielle Hinzurechnung nicht bei der Ermittlung des verrechenbaren Verlustes.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Zu Recht hat das Finanzamt die außerbilanzielle Hinzurechnung des Hinzurechnungsbetrags in den Streitjahren 2018 und 2019 nicht bei der Ermittlung des verrechenbaren Verlustes berücksichtigt. Die Hinzurechnung in Höhe der jeweiligen Investition minderte nicht die Höhe des verrechenbaren Verlustes.
Die Hinzurechnung hat sich nämlich weder in der Steuerbilanz noch beim steuerlichen Kapitalkonto des Kommanditisten B ausgewirkt, sondern ist nur außerbilanziell vorgenommen worden.
Durch den jeweiligen Hinzurechnungsbetrag ist der Kommanditist B auch nicht wirtschaftlich belastet worden, so dass unter diesem Gesichtspunkt eine Minderung des verrechenbaren Verlustes und damit eine Erhöhung des ausgleichsfähigen Verlustes gerechtfertigt wäre. Denn aufgrund der Hinzurechnung änderte sich weder der Haftungsumfang des Kommanditisten, noch erhöhte sich sein Ausfallrisiko.
Hinweise: Im Gegenzug wirkte sich aber auch die Bildung des Investitionsabzugsbetrags in den Jahren 2015 und 2016 nicht nachteilig auf die Höhe des verrechenbaren Verlustes des Kommanditisten aus. Denn auch der Investitionsabzugsbetrag wurde nur außerbilanziell erfasst, da er keine handels- oder steuerrechtliche Bilanzposition darstellt. Die Bildung bzw. Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags führt daher stets zu einem insoweit ausgleichs- und abzugsfähigen Verlust.
Auch wenn das Kapitalkonto negativ ist, kann der Verlust des Kommanditisten als ausgleichsfähig anerkannt werden – und nicht nur als verrechenbar –, soweit für den Kommanditisten nämlich eine Hafteinlage im Handelsregister eingetragen ist, die seine geleistete Einlage übersteigt. Der Kommanditist haftet in diesem Umfang nach außen und kann insoweit auch seinen Verlustanteil mit anderen positiven Einkünften ausgleichen.
Ein weiterer Streitpunkt im aktuellen Verfahren war eine „Einlage“ des Kommanditisten B auf einem neu eingerichteten Kapitalkonto III. Diese Einlage sollte nach den Vorstellungen des B sein Kapitalkonto und damit auch den ausgleichsfähigen Verlust erhöhen. Allerdings sah der BFH das Kapitalkonto III im konkreten Fall nicht als Kapitalkonto an, weil B frei über das Guthaben auf dem Kapitalkonto III verfügen konnte, während ein echtes Kapitalkonto einer gesamthänderischen Bindung unterliegt, z.B. durch Teilhabe an Verlusten oder durch Berücksichtigung bei der Berechnung des Abfindungsguthabens beim Ausscheiden des Gesellschafters; hierzu war im Gesellschaftsvertrag aber keine Regelung getroffen worden.
Quelle: BFH, Urteil vom 16.1.2025 – IV R 28/23; NWB
Umsatzsteuer-Umrechnungskurse April 2025
Tue, 06 May 2025 09:01:00 +0200
Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat April 2025 bekannt gegeben.
Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2025 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.
Quelle: BMF, Schreiben vom 2.5.2025 - III C 3 - S 7329/00014/007/038 (COO.7005.100.4.11913919); NWB
Körperschaftsteuerliche Organschaft mit atypisch stiller Beteiligung
Mon, 05 May 2025 08:13:00 +0200
Eine körperschaftsteuerliche Organschaft zwischen einem Organträger und einer Organgesellschaft wird auch dann anerkannt, wenn der Organträger an der Organgesellschaft atypisch still beteiligt ist. Denn auch dann führt die Organgesellschaft ihren ganzen Gewinn an den Organträger ab.
Hintergrund: Bei einer körperschaftlichen Organschaft verpflichtet sich die Organgesellschaft (Tochtergesellschaft) in einem Gewinnabführungsvertrag, ihren ganzen Gewinn an den Organträger (Muttergesellschaft) abzuführen. Das Einkommen ist dann dem Organträger zuzurechnen und auch vom Organträger zu versteuern.
Bei einer atypisch stillen Beteiligung beteiligt sich ein Gesellschafter am Handelsgewerbe eines anderen, ohne nach außen in Erscheinung zu treten, also still. Die stille Gesellschaft ist atypisch, wenn der stille Gesellschafter auch an den Verlusten des Inhabers des Handelsgewerbes beteiligt ist. Der atypisch stille Gesellschafter wird dann steuerlich wie ein Mitunternehmer behandelt.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH; ihre Alleingesellschafterin war die X-GmbH & Co. KG. Die Klägerin und die X-GmbH & Co. KG schlossen im Jahr 1991 einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag, in dem sich die Klägerin zur Abführung ihres gesamten Gewinns an die X-GmbH & Co. KG verpflichtete. Im Jahr 1992 beteiligte sich die X-GmbH & Co. KG im Umfang von 10 % als atypisch stille Gesellschafterin an der Klägerin. Das Finanzamt erkannte die körperschaftsteuerliche Organschaft in den Streitjahren 2005 bis 2008 nicht an, weil die Klägerin aufgrund der atypisch stillen Beteiligung nicht ihren gesamten Gewinn an die X-GmbH & Co. KG abgeführt habe, sondern lediglich 90 %; die weiteren 10 % habe die X-GmbH & Co. KG als atypisch stille Gesellschafterin erhalten. Das Finanzamt erfasste die Ergebnisabführung von 90 % an die X-GmbH & Co. KG als verdeckte Gewinnausschüttung bei der Klägerin.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Die Voraussetzungen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft waren in den Streitjahren 2005 bis 2008 erfüllt. Insbesondere hat die Klägerin ihren ganzen Gewinn an die X-GmbH & Co. KG abgeführt.
Die Frage, welcher Gewinn abzuführen ist, richtet sich nach dem Zivilrecht, weil das Steuerrecht hierauf verweist. Nach dem Zivilrecht, zu dem auch das Handelsrecht gehört, stellt der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters (X-GmbH & Co. KG) Aufwand der, der den Gewinn mindert. Dieser geminderte Gewinn ist somit der „ganze Gewinn“ und wird an den Organträger abgeführt.
Der Anteil der X-GmbH & Co. KG als (atypisch) stille Gesellschafterin in Höhe von 10 % war somit Aufwand der Klägerin und minderte ihren Gewinn. Der verbleibende Gewinn war folglich der "ganze Gewinn", den die Klägerin an die X-GmbH & Co. KG abführte. Auf den steuerrechtlich ermittelten Gewinn kam es somit nicht an.
Hinweise: Der BFH bejaht in seinem aktuellen Urteil die Frage, ob an einer Organgesellschaft eine atypisch stille Beteiligung bestehen kann. Damit widerspricht er der Finanzverwaltung.
Die X-GmbH & Co. KG erhält nach dem Urteil 10 % des Gewinns als (atypisch) stille Gesellschafterin und die verbleibenden 90 % als Organträger; diese 90 % stellen den ganzen Gewinn der Klägerin dar, weil die weiteren 10 % als Anteil für die (atypisch) stille Gesellschafterin Aufwand waren und den Gewinn der Klägerin minderten.
Quelle: BFH, Urteil vom 11.12.2024 – I R 33/22; NWB
Freiberufliche Tätigkeit einer Ärzte-Partnerschaft
Wed, 30 Apr 2025 08:03:00 +0200
Eine zahnärztlich tätige Partnerschaft, an der sieben Zahnärzte beteiligt sind, erzielt freiberufliche Einkünfte, auch wenn sich einer der Zahnärzte ganz überwiegend um die kaufmännische Führung der Partnerschaft kümmert und nur äußerst geringfügig zahnärztlich tätig wird.
Hintergrund: Freiberufliche Einkünfte unterliegen nicht der Gewerbesteuer. Zu den Freiberuflern gehören insbesondere Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure und Architekten.
Sachverhalt: M war Zahnarzt und Partner einer zahnärztlich tätigen Partnerschaftsgesellschaft, die aus insgesamt sieben Zahnärzten bestand. M nahm vor allem die kaufmännischen Angelegenheiten der Partnerschaft wahr und kümmerte sich um die Instandhaltung der medizinischen Geräte. Im Streitjahr 2010 beriet M lediglich fünf Patienten; am Behandlungsstuhl wurde er nicht tätig. Das Finanzamt stellte den Gewinn der Partnerschaft als gewerblich fest und begründete dies damit, dass M nicht freiberuflich tätig geworden sei.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage der Partnerschaft statt:
Eine Personengesellschaft ist freiberuflich tätig, wenn sämtliche Gesellschafter Freiberufler sind, also die persönliche Berufsqualifikation eines freien Berufs erfüllen, und eine freiberufliche Tätigkeit tatsächlich ausüben.
Dies setzt nicht voraus, dass jeder Gesellschafter der Partnerschaft in allen Unternehmensbereichen leitend und eigenverantwortlich tätig ist und an jedem Auftrag mitarbeitet. Vielmehr genügt es, wenn ein Gesellschafter in Form der Mit- und Zusammenarbeit mit seinen Kollegen freiberuflich tätig wird. Bei einem größeren Zusammenschluss von Ärzten gehört auch die kaufmännische Führung und Organisation der Personengesellschaft zur freiberuflichen Tätigkeit. Daher kann auch ein überwiegend kaufmännisch tätiger Zahnarzt freiberuflich tätig sein.
Weitere Voraussetzung ist aber, dass jeder Gesellschafter zumindest geringfügig zahnärztlich tätig wird. Diese Voraussetzung erfüllte M, weil er fünf Patienten im Streitjahr beriet.
Hinweise: Da auch die sechs Kollegen des M freiberuflich tätig waren, waren an der Partnerschaft nur Freiberufler beteiligt und auch freiberuflich tätig. Damit erzielt die Partnerschaft selbständige Einkünfte, nicht aber Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sodass ein Gewerbesteuermessbescheid gegenüber der Partnerschaft nicht ergehen kann.
In der Praxis sollte darauf geachtet werden, dass jeder Gesellschafter auch freiberuflich aktiv wird, also z.B. zumindest einige Patienten behandelt, um den Anforderungen einer „zumindest äußerst geringfügigen“ freiberuflichen Tätigkeit zu genügen. Der M hatte sich auf eine Beratung beschränkt und keinen einzigen Patienten zahnärztlich behandelt. Dem BFH hat dies zwar genügt; es ist aber nicht auszuschließen, dass Finanzgerichte den Begriff der „äußerst geringfügigen“ freiberuflichen Tätigkeit strenger auslegen und eine ärztliche Behandlung verlangen. In jedem Fall sollte die „äußerst geringfügige“ freiberufliche Tätigkeit dokumentiert werden.
Quelle: BFH, Urteil vom 4.2.2025 - VIII R 4/22; NWB
Anscheinsbeweis für private Nutzung eines betrieblichen Kfz
Tue, 29 Apr 2025 09:44:00 +0200
Grundsätzlich spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass ein Einzelunternehmer einen zu seinem Betriebsvermögen gehörenden Pick-up auch privat nutzt. Dieser Anscheinsbeweis kann erschüttert werden. Hierfür genügt jedoch nicht die bloße Behauptung, dass der Pick-up während der Arbeits- und Betriebszeiten nicht privat genutzt werden konnte.
Hintergrund: Die Privatnutzung eines betrieblichen Kfz wird als Entnahme besteuert. Der Unternehmer kann entweder ein Fahrtenbuch führen, um den privaten Nutzungsanteil zu ermitteln, oder er versteuert die Privatnutzung nach der sog. 1 %-Methode, d.h. mit monatlich 1 % Prozent des Bruttolistenpreises zuzüglich Sonderausstattung.
Sachverhalt: Der Kläger war in den Streitjahren 2015 und 2016 als Einzelunternehmer tätig. Sein Betrieb befand sich neben seinem Wohnhaus. Zu seinem Betriebsvermögen gehörte ein BMW sowie ein Pick-up, dessen Bruttolistenpreis sich auf ca. 44.000 € belief. Weiterhin befand sich ein weiteres Kfz im Betriebsvermögen, das er seinem Vorarbeiter als Dienstwagen überlassen hatte. Zum Privatvermögen des Klägers gehörten zwei Kleinwagen, die seine Kinder nutzten. Der Kläger setzte für die Privatnutzung des BMW eine Entnahme nach der sog. 1 %-Methode an, nicht aber für den Pick-Up. Das Finanzamt setzt auch für den Pick-up eine Entnahme nach der 1 %-Methode an. Hiergegen wehrte sich der Kläger u.a. mit dem Argument, dass der Pick-Up als Zugmaschine diene und insoweit den Mitarbeiten arbeitstäglich permanent zur Verfügung stehen müsse. Für eine private Mitbenutzung bleibe so kein Raum.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
Für eine Privatnutzung des Pick-ups spricht der sog. Anscheinsbeweis. Es gibt nämlich einen Erfahrungssatz, dass Fahrzeuge, die ihrer Art nach typischerweise zum privaten Gebrauch geeignet sind und die für Privatfahrten zur Verfügung stehen, regelmäßig auch privat genutzt werden.
Dieser Anscheinsbeweis kann erschüttert werden. Hierzu muss der Unternehmer substantiiert einen Sachverhalt darlegen und ggf. auch nachweisen, aus dem sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehens ergibt. Ein sog. Vollbeweis des Gegenteils ist nicht erforderlich.
Der Kläger hat den Anscheinsbeweis, der für eine Privatnutzung des Pick-ups spricht, nicht erschüttert. Hierfür genügte nicht der Vortrag, dass er den Pick-up während der Betriebszeiten und während seiner Arbeitszeiten nicht privat nutzen konnte. Denn eine Privatnutzung war morgens und abends, am Wochenende und während der Ferien möglich; während dieser Zeiten stand ihm der Pick-up uneingeschränkt zur Verfügung.
Der Anscheinsbeweis wurde auch nicht durch die Existenz der beiden Kleinwagen im Privatvermögen erschüttert. Denn die beiden Kleinwagen hatten einen geringeren Status und Gebrauchswert als der Pick-up und wurden zudem von den Kindern des Klägers genutzt.
Hinweise: Der Ansatz einer Entnahme, die nach der sog. 1 %-Methode bewertet wurde, war damit rechtmäßig. Die Fahrtenbuchmethode war nicht anwendbar, da der Kläger kein Fahrtenbuch geführt hatte.
Der Kläger konnte den Anscheinsbeweis auch nicht dadurch erschüttern, dass er den Pick-up mit Werbefolien beklebt hatte. Eine derartige Werbung hindert die private Benutzung des Fahrzeugs nicht. Im Gegenteil: Denn je mehr Fahrten der Kläger mit dem Pick-up unternahm, desto höher war die Werbewirkung.
Quelle: BFH, Urteil vom 16.1.2025 – III R 34/22; NWB
Ermessensentscheidung bei Festsetzung eines Verspätungszuschlags
Mon, 28 Apr 2025 08:09:00 +0200
Steht die Festsetzung eines Verspätungszuschlags im Ermessen des Finanzamts, darf das Finanzamt bei seiner Entscheidung, ob es einen Verspätungszuschlag festsetzt (Entschließungsermessen), berücksichtigen, dass der Steuerpflichtige wiederholt seine Erklärungspflichten verletzt hat.
Hintergrund: Bei verspäteter Abgabe einer Steuererklärung droht ein Verspätungszuschlag. In den meisten Fällen ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlags zwingend. In bestimmten Fällen steht die Festsetzung eines Verspätungszuschlags jedoch im Ermessen des Finanzamts, z.B. wenn die Steuer auf Null festgesetzt worden ist. Der Verspätungszuschlag beträgt für jeden Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 % der festgesetzten Steuer, mindestens aber 25 € pro Monat.
Sachverhalt: Ein steuerpflichtiger Verein gab die Körperschaftsteuererklärung für 2019 nicht ab, so dass das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzte. Für das Jahr 2020 forderte das Finanzamt den Verein vorzeitig zur Abgabe der Steuererklärung bis zum 8.4.2022 auf. Diese Frist verstrich erfolglos, so dass das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen auf Null schätzte und die Körperschaftsteuer auf Null festsetzte. Außerdem setzte es am 8.7.2022 einen Verspätungszuschlag in Höhe von 100 € fest; das Finanzamt begründete dies damit, dass der Verein bereits für 2019 seine Steuererklärung verspätet abgegeben habe. Am 22.8.2022 reichte der Verein dann die Körperschaftsteuererklärung ein und wandte sich nun gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags.
Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Der Verein hatte die Körperschaftsteuererklärung verspätet abgegeben, da er vorzeitig zur Abgabe der Steuererklärung bis zum 8.4.2022 aufgefordert worden war, die Erklärung aber tatsächlich erst am 22.8.2022 eingereicht hat, also um vier Monate verspätet.
Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags stand im Ermessen des Finanzamts, weil die Steuer auf Null festgesetzt worden war. Es stand damit im Ermessen des Finanzamts, ob es einen Verspätungszuschlag festsetzt (sog. Entschließungsermessen) und in welcher Höhe es den Verspätungszuschlag festsetzt (sog. Auswahlermessen).
Das Finanzamt hat sein Entschließungsermessen fehlerfrei ausgeübt. Zwar ergeben sich aus dem Gesetz keine Kriterien für die Ausübung des Entschließungsermessens, sondern nur für die Ausübung des Auswahlermessens, also bei der Entscheidung über die Höhe des Verspätungszuschlags.
Entscheidend ist daher der Gesetzeszweck: Danach soll mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags zum einen Druck auf den Steuerpflichtigen für die rechtzeitige Abgabe der Erklärung in der Zukunft ausgeübt werden; zum anderen soll auch der Vorteil des Steuerpflichtigen aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung abgeschöpft werden.
Wird die Steuer wie im Streitfall auf Null festgesetzt, geht es nur um die Ausübung von Druck, um für die Zukunft die fristgerechte Abgabe von Steuererklärungen zu erwirken. Das Finanzamt durfte daher auf die bereits im Vorjahr verspätet abgegebene Steuererklärung abstellen und einen Verspätungszuschlag festsetzen, um Druck zu erzeugen, damit der Verein jedenfalls ab 2021 seine Steuererklärung pünktlich abgibt.
Gegen die Höhe des Verspätungszuschlags gab es keine Einwendungen. Der Verein hatte die Körperschaftsteuererklärung vier Monate zu spät abgegeben. Die Höhe des Verspätungszuschlags von 100 € entsprach einer Verzögerung um vier Monate bei Anwendung des Mindestsatzes von 25 € pro Monat, der bei einer Null-Festsetzung heranzuziehen ist.
Hinweise: Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, weil bislang umstritten ist, welche Kriterien bei der Ausübung des Entschließungsermessens zu beachten sind. Während das FG im Streitfall auf die wiederholt verspätete Abgabe der Steuererklärung abgestellt hat, wird auch die Auffassung vertreten, dass es auf Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des Zahlungsanspruchs, die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile, auf das Verschulden oder die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ankommen könne.
Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5.11.2024 – 8 K 8046/23, Rev. beim BFH: Az. XI R 31/24; NWB
Übernahme einer Pensionsverpflichtung durch neuen Arbeitgeber
Fri, 25 Apr 2025 08:18:00 +0200
Stellt ein Arbeitgeber einen neuen Arbeitnehmer ein und übernimmt er die Pensionsverpflichtung des bisherigen Arbeitgebers gegen Übernahme von Vermögenswerten, kann dies zu einem bilanziellen Gewinn führen. Dieser Gewinn kann durch eine Rücklagenbildung zeitlich verteilt werden, indem die Rücklage im Jahr ihrer Bildung und in den folgenden 14 Jahre zu je 1/15 gewinnerhöhend aufgelöst wird.
Hintergrund: Nach dem Gesetz können sogenannte Übernahmegewinne, die z.B. bei der Übernahme von Pensionsverpflichtungen gegen Übernahme von Vermögenswerten (z.B. Zuzahlungen) entstehen, durch eine Rücklage abgemildert werden.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die im Jahr 2014 den R als Arbeitnehmer anstellte. Der bisherige Arbeitgeber hatte dem R eine Pensionszusage erteilt, die die Klägerin anlässlich des Arbeitsplatzwechsels des R übernahm; die Pensionsverpflichtung war von der Klägerin in Höhe von ca. 430.000 € zu passivieren. Dafür übertrug der bisherige Arbeitgeber des R auf die Klägerin mehrere Vermögenswerte wie z.B. eine Lebensversicherung und mehrere Forderungen gegenüber R im Wert von ca. 510.000 €. Hieraus ergab sich ein sog. Übernahmegewinn in Höhe von ca. 80.000 €. Die Klägerin stellte den Übernahmegewinn in eine Rücklage, die sie im Streitjahr 2014 und in den 14 Folgejahren zu je 1/15 gewinnerhöhend auflöste bzw. auflösen wollte. Das Finanzamt hielt die Rücklagenbildung für unzulässig.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Der Gesetzgeber ermöglicht die Bildung einer Rücklage für Übernahmegewinne, die sich aufgrund der Übernahme einer Pensionsverpflichtung ergeben.
Zwar verweist die Rücklagenregelung nicht auf den speziellen Fall der Übernahme einer Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten. Bei dieser speziellen Regelung handelt es sich aber nur um eine Bewertungsvorschrift, nicht aber um eine der Fallgruppen der Übernahme von Verpflichtungen, für die eine Rücklagenbildung ausdrücklich vorgesehen ist.
Der Streitfall betrifft die Übernahme einer Verpflichtung. Die Übernahme einer Verpflichtung wird im Gesetz geregelt, und im Gesetz wird für den Fall der Übernahme einer Verpflichtung eine Rücklagenbildung zugelassen. Es ist daher unschädlich, dass die Regelung über die Rücklagenbildung nicht auf die Bewertungsvorschrift, die speziell bei der Übernahme von Pensionsverpflichtungen greift, Bezug nimmt.
Für die Bildung einer Rücklage spricht auch der Gesetzeszweck; denn der Gesetzgeber wollte die Übertragbarkeit von Versorgungszusagen nicht erschweren und hat deshalb die Möglichkeit eingeräumt, einen Übernahmegewinn zeitlich zu verteilen.
Hinweise: Der Übernahmegewinn resultiert daher, dass die übernommene Pensionsverpflichtung nur mit einem relativ niedrigen Wert passiviert werden darf, während die übernommenen Vermögenswerte mit einem „normalen“ und damit höheren Wert zu aktivieren sind.
Das Urteil ist für Unternehmer, die Pensionsverpflichtungen übernehmen, erfreulich, weil es die zeitliche Verteilung eines etwaigen Übernahmegewinns auf insgesamt 15 Jahre ermöglicht.
Quelle: BFH, Urteil vom 23.10.2024 – XI R 24/21; NWB
Grunderwerbsteuer bei nachträglichen Sonderwünschen für Hausbau
Wed, 23 Apr 2025 09:41:00 +0200
Äußert ein Grundstückskäufer, der einen Kauf- und Werkvertrag über ein vom Veräußerer zu errichtendes Gebäude abgeschlossen hat, nach Beginn der Rohbauarbeiten Sonderwünsche, die er gesondert bezahlen muss, unterliegt das Entgelt für diese Sonderwünsche ebenfalls der Grunderwerbsteuer. Hierüber ist ein gesonderter Grunderwerbsteuerbescheid zu erlassen.
Hintergrund: Die Grunderwerbsteuer bemisst sich nach dem Entgelt. Der Grunderwerbsteuer unterliegen nach dem Gesetz aber auch Zahlungen, die der Erwerber dem Veräußerer zusätzlich gewährt.
Sachverhalte: Der Bundesfinanzhof (BFH) musste über zwei ähnlich gelagerte Fälle entscheiden. Die jeweiligen Kläger erwarben ein Grundstück, das der Veräußerer noch bebauen musste. Die Art und Qualität der zu errichtenden Gebäude war im Einzelnen geregelt. Sonderwünsche mussten jedoch extra bezahlt werden. Beide Kläger äußerten jeweils Sonderwünsche und bezahlten die entsprechenden Bauleistungen dem jeweiligen Veräußerer. Das Finanzamt unterwarf die Zahlungen für die Sonderwünsche der Grunderwerbsteuer und erließ jeweils einen weiteren Grunderwerbsteuerbescheid. Hiergegen wehrten sich die Kläger.
Entscheidung: Der BFH wies die Klagen - wie auch die Vorinstanzen – in Bezug auf die Besteuerung der Sonderwünsche ab:
Die Grunderwerbsteuer bemisst sich nach der Gegenleistung (Entgelt). Zur Gegenleistung gehören auch Zahlungen des Käufers, die er dem Veräußerer zusätzlich leistet. Es handelt sich dabei um nachträglich gewährte zusätzliche Leistungen.
Nachträglich gewährte zusätzliche Leistungen setzen voraus, dass bereits ein Kaufvertrag über das Grundstück existiert und dass es zwischen den Sonderwünschen und dem Kaufvertrag einen rechtlichen Zusammenhang gibt, indem z.B. eine bereits im Kaufvertrag genannte Bauleistung gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts verändert wird.
Im Streitfall handelte es sich um nachträglich gewährte zusätzliche Leistungen, die der Grunderwerbsteuer unterlagen. Der rechtliche Zusammenhang zwischen den Sonderwünschen und den Kaufverträgen ergab sich daraus, dass die Bauleistungen, zu denen sich der Veräußerer jeweils verpflichtet hatte, nun konkretisiert, verändert oder anderweitig angepasst wurden (z.B. hinsichtlich der Materialauswahl).
Das Finanzamt hat zu Recht jeweils einen weiteren Grunderwerbsteuerbescheid erlassen und nicht den bisherigen Bescheid geändert. Die nachträglich gewährten zusätzlichen Leistungen können nicht in den ursprünglichen Bescheid mit aufgenommen werden und zu dessen Änderung führen, weil sie erst nach Abschluss des Kaufvertrags vereinbart worden sind.
Hinweise: Hätten die Kläger ihre Sonderwünsche nicht vom Veräußerer, sondern von einem Handwerker, der nichts mit dem Veräußerer zu tun hat, ausführen lassen, wäre keine Grunderwerbsteuer entstanden.
In einem der beiden Fälle gab es noch eine Besonderheit (Az. II R 18/22): Der Kläger verpflichtete sich, die Kosten für die Hausanschlüsse für Gas, Wasser und Strom zu tragen, während der Veräußerer verpflichtet war, die Anträge für den Kläger zu stellen. Das Finanzamt unterwarf auch diese Zahlungen des Klägers der Grunderwerbsteuer. Dem widersprach der BFH, weil die Übernahme dieser Kosten bereits im Kaufvertrag geregelt war und damit keine zusätzliche Leistung mehr darstellte. Der BFH ließ offen, ob die Hausanschlusskosten im ursprünglichen Grunderwerbsteuerbescheid hätten erfasst werden müssen oder ob es sich um Leistungen handelte, die gar nicht der Grunderwerbsteuer unterliegen.
Quelle: BFH, Urteile vom 30.10.2024 – II R 15/22 und II R 18/22 (Wasseranschlusskosten); NWB
Vorsteuervergütung aus nicht beigefügter Anzahlungsrechnung
Tue, 22 Apr 2025 11:21:00 +0200
Der Antrag eines im Ausland ansässigen Unternehmens auf Vergütung der Vorsteuer aus einer Anzahlungsrechnung hat auch dann Erfolg, wenn der Unternehmer nur die Schlussrechnung, nicht aber die Anzahlungsrechnung beigefügt hat, jedoch die Anzahlungsrechnung, die Anzahlung selbst sowie die Schlussrechnung denselben Vergütungszeitraum betreffen. Das für die Vergütung der Vorsteuer zuständige Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) kann dann nämlich den Anspruch auf Vergütung der Vorsteuer aus der Anzahlungsrechnung inhaltlich überprüfen.
Hintergrund: Ein im Ausland ansässiger Unternehmer, dem Umsatzsteuer in einer deutschen Rechnung berechnet worden ist, kann die Vergütung dieser Umsatzsteuer als Vorsteuer beantragen. Hierzu muss der Unternehmer bis zum 30.9. des Folgejahres einen entsprechenden Antrag beim BZSt stellen und die erforderlichen Angaben zu den einzelnen Rechnungen machen und die Rechnungen auch beifügen.
Sachverhalt: Klägerin war eine österreichische Kapitalgesellschaft, die für zwei Leistungen deutscher Unternehmen Umsatzsteuer gezahlt hatte. Die deutschen Unternehmen hatten jeweils eine Anzahlungsrechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis und anschließend jeweils eine Schlussrechnung erstellt, in der dann die Anzahlung mit Umsatzsteuer von der jeweiligen Schlusssumme abgezogen wurde. Die Klägerin beantragte beim BZSt im Juni 2018 die Vergütung der von ihr an die deutschen Unternehmer gezahlten Umsatzsteuern im Rahmen eines Vorsteuervergütungsantrags für den Zeitraum Januar bis Dezember 2017. Sie gab in ihrem Antrag nur die beiden Schlussrechnungen an, nicht aber auch die beiden Anzahlungsrechnungen. Zudem reichte sie auch nur die beiden Schlussrechnungen ein, nicht aber auch die beiden Anzahlungsrechnungen. Das BZSt vergütete die Vorsteuer nur, soweit sie sich aus den Abschlusszahlungen der beiden Endrechnungen ergab, nicht aber die Vorsteuer, die sich aus den Anzahlungsrechnungen ergab.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Zwar war der Vergütungsantrag der Klägerin formell nicht fehlerfrei. Denn die Klägerin hatte weder die beiden Anzahlungsrechnungen benannt, noch hatte sie die beiden Anzahlungsrechnungen beigefügt.
Der Vergütungsantrag war dennoch vollständig, weil sowohl die Anzahlungsrechnungen als auch die eigentlichen Anzahlungen und die beiden Schlussrechnungen im Vergütungszeitraum Januar bis Dezember 2017 angefallen waren. Damit war das BZSt in der Lage, den Vergütungsanspruch materiell-rechtlich, d.h. inhaltlich, zu überprüfen.
Nach den umsatzsteuerlichen Grundsätzen der Neutralität und Verhältnismäßigkeit dürfen allein formelle Fehler wie z.B. die fehlende Benennung und Beifügung der Anzahlungsrechnungen nicht zur Versagung des Vorsteuerabzugs bzw. der Vergütung der Vorsteuer führen.
Hinweise: Der BFH stellt klar, dass das materielle Recht bedeutsamer ist als das formelle Recht. Denn das Recht auf Vorsteuerabzug, zu dem auch der Vergütungsanspruch gehört, ist ein integraler Bestandteil des Mechanismus der Umsatzsteuer und darf grundsätzlich nicht eingeschränkt werden.
Für die Praxis empfiehlt es sich trotz des erfreulichen Urteils, die zahlreichen Formalien im Umsatzsteuerrecht zu beachten, um das Risiko eines Rechtsstreits mit dem Finanzamt zu minimieren.
Quelle: BFH, Urteil vom 12.12.2024 – V R 6/23; NWB
Keine umsatzsteuerliche Ist-Versteuerung für bilanzierenden Freiberufler
Thu, 17 Apr 2025 08:05:00 +0200
Eine freiberuflich tätige Partnerschaft, die freiwillig oder aufgrund gesetzlicher Verpflichtung bilanziert, unterliegt der umsatzsteuerlichen Soll-Versteuerung und muss daher die Umsatzsteuer bereits mit Ausführung ihrer Umsätze an das Finanzamt abführen. Aufgrund ihrer freiwilligen Bilanzierung gilt für sie nicht die Ist-Versteuerung, nach der die Umsatzsteuer erst bei Bezahlung durch ihre Vertragspartner abzuführen wäre.
Hintergrund: Auf Antrag kann das Finanzamt einem Unternehmer unter bestimmten Voraussetzungen gestatten, die sog. Ist-Versteuerung anzuwenden, so dass er die Umsatzsteuer erst dann abführen muss, wenn er das Entgelt von seinem Kunden erhält. Die Ist-Versteuerung ist u.a. zulässig, wenn der Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 800.000 € betragen hat oder wenn der Unternehmer von der Buchführungs- und Inventurpflicht befreit ist oder soweit der Unternehmer Umsätze als Freiberufler ausführt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, gilt die Soll-Versteuerung, so dass der Unternehmer die Umsatzsteuer bereits dann abführen muss, wenn er seine Leistung erbracht hat, ohne dass es auf die Bezahlung durch den Kunden ankommt.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine Partnerschaft, die aus Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern bestand und freiwillig bilanzierte. Das Finanzamt hatte der Klägerin ursprünglich die Ist-Versteuerung gestattet, widerrief die Gestattung aber ab dem 1.1.2019. Die Klägerin stellte erneut einen Antrag auf Gestattung der Ist-Besteuerung für Zeiträume ab 1.1.2021. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt ab. Hiergegen klagte die Klägerin.
Entscheidung: Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) wies die Klage ab:
Zwar war der Gesetzeswortlaut für eine Gestattung der Ist-Versteuerung erfüllt; denn die Klägerin war freiberuflich tätig, so dass eine der Voraussetzungen für die Ist-Versteuerung gegeben war. Die beiden anderen Voraussetzungen waren nicht erfüllt, da die Klägerin über der damaligen Umsatzgrenze von 600.000 € (aktuell sind es 800.000 €) lag und auch nicht von der Buchführung befreit war.
Obwohl die Klägerin freiberuflich tätig war, hatte sie keinen Anspruch auf die Gestattung der Ist-Versteuerung; denn die Klägerin bilanzierte freiwillig. Zwar äußert sich das Gesetz nicht zu dem Fall der freiwilligen Bilanzierung. Die gesetzliche Gestattung der Ist-Versteuerung für Freiberufler steht aber im Zusammenhang mit der gesetzlichen Befreiung der Freiberufler von der Buchführungspflicht. Da ein Freiberufler nicht buchführungspflichtig ist, soll er die Umsätze auch der Ist-Versteuerung unterwerfen und daher die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten vornehmen können. Bilanziert der Freiberufler freiwillig, gibt es keinen Grund für die Ist-Versteuerung. Vielmehr entspricht die Soll-Versteuerung der Bilanzierung, weil bei der Bilanzierung bereits die Forderung erfasst wird.
Hinweise: Das FG stützt sich auf eine Entscheidung des BFH, der eine Ist-Versteuerung bei Freiberuflern im Fall der Bilanzierung abgelehnt hatte. Allerdings hatte der BFH diese Aussage nur in einem nicht tragenden Teil des Urteils geäußert. Das FG hat daher die Revision zum BFH zugelassen, damit dieser überprüfen kann, ob er an seiner bisherigen Entscheidung festhält; die Klägerin hat die Revision zwischenzeitlich eingelegt.
Quelle: FG Baden-Württemberg, Urteil vom 9.7.2024 – 9 K 86/24, Rev. beim BFH: V R 16/24; NWB
Finanzverwaltung äußert sich zur neuen Rechtslage für Kleinunternehmer
Tue, 15 Apr 2025 08:22:00 +0200
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat in einem aktuellen Schreiben zur geänderten Rechtslage bei der Umsatzsteuer für Kleinunternehmer ab 1.1.2025 Stellung genommen. Das Schreiben gilt für Umsätze, die nach dem 31.12.2024 erbracht werden.
Hintergrund: Kleinunternehmer, die bestimmte Umsatzgrenzen nicht überschreiten, brauchen keine Umsatzsteuer abzuführen und sind dann auch nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Der Gesetzgeber hat ab 2025 neue Umsatzgrenzen eingeführt und behandelt die Umsätze eines Kleinunternehmers nunmehr als umsatzsteuerfrei. Ab 2025 darf der Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht höher als 25.000 € gewesen sein und im laufenden Kalenderjahr 100.000 € nicht überschreiten. Ein Unternehmer, der die Umsatzgrenzen nicht überschreitet, kann aber auf die Kleinunternehmerregelung verzichten; er muss dann Umsatzsteuer in Rechnung stellen und an das Finanzamt abführen und ist im Gegenzug vorsteuerabzugsberechtigt. An den Verzicht ist der Unternehmer fünf Kalenderjahre gebunden.
Wesentlicher Inhalt des BMF-Schreibens:
Sollte ein Kleinunternehmer künftig Umsatzsteuer in einer Rechnung ausweisen, obwohl er umsatzsteuerfreie Umsätze erbringt, muss er die Umsatzsteuer aufgrund eines unrichtigen Steuerausweises an das Finanzamt abführen.
Hinweis: Dies gilt nicht, wenn der Kleinunternehmer die Leistung tatsächlich ausgeführt und die Rechnung an einen Endverbraucher ausgestellt hat, der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist; denn dann droht keine Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens.
Ein Kleinunternehmer kann eine vereinfachte Rechnung ausstellen, in der u.a. der Name und die Anschrift des Kleinunternehmers sowie seines Vertragspartners, die Steuernummer bzw. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Kleinunternehmer-Identifikationsnummer des Kleinunternehmers, das Rechnungsdatum, die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände bzw. der Umfang und die Art der sonstigen Leistung sowie das Entgelt enthalten sind.
Hinweis: Diese vereinfachte Rechnung muss einen Hinweis darauf enthalten, dass die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gilt. Der Hinweis „steuerfreier Kleinunternehmer“ genügt.
Die Rechnung eines Kleinunternehmers muss nicht elektronisch ausgestellt, sondern kann in Papierform erstellt werden. Mit Zustimmung des Leistungsempfängers ist die Ausstellung einer elektronischen Rechnung aber möglich.
Die Stellung als Kleinunternehmer endet, sobald im laufenden Kalenderjahr die Umsatzgrenze von 100.000 € überschritten wird. Bereits der erste Umsatz, mit dem diese Grenze überschritten wird, ist nicht mehr umsatzsteuerfrei, sondern umsatzsteuerpflichtig.
Beispiel: U hat im Vorjahr die Umsatzgrenze von 25.000 € nicht überschritten. Im laufenden Kalenderjahr beträgt sein Gesamtumsatz bislang 70.000 €. Ein neuer Kunde kommt nun zu U und kauft einen Gegenstand für 50.000 €; dieser Umsatz ist nicht mehr umsatzsteuerfrei, sondern unterliegt vollständig der Umsatzsteuer. Bezüglich der Überschreitung kommt es auf den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts an.
Hinweis: Für Kleinunternehmer ist es daher wichtig, die aktuelle Umsatzhöhe im Blick zu behalten, weil der Wechsel zur regulären Umsatzbesteuerung theoretisch mit dem nächsten Umsatz eintreten kann, wenn hierdurch die Umsatzgrenze von 100.000 € überschritten wird.
Nimmt der Unternehmer seine Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahres neu auf, kommt es für die Beurteilung, ob er Kleinunternehmer ist, allein auf den tatsächlichen inländischen Gesamtumsatz des laufenden Kalenderjahres an. Dabei gilt eine Umsatzgrenze von 25.000 €, nicht jedoch in Höhe von 100.000 €.
Der Unternehmer kann auf die Kleinunternehmerregelung verzichten und wird dann wie ein regulärer Unternehmer behandelt, sodass er Umsatzsteuer in Rechnung stellen und an das Finanzamt abführen muss, dafür aber vorsteuerabzugsberechtigt ist. Der Verzicht bindet den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Anschließend kann der Unternehmer den Verzicht mit Wirkung von Beginn eines darauffolgenden Kalenderjahres an widerrufen.
Hinweis: Der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung muss nach der Neuregelung bis zum letzten Tag des Monats Februar des übernächsten Jahres erklärt werden, für 2025 also bis zum 28.2.2027.
Hat ein Unternehmer bereits vor dem 1.1.2025 auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet, ist er insgesamt fünf Kalenderjahre an diesen Verzicht gebunden, und zwar über den 1.1.2025 hinaus.
Hinweis: Für den Besteuerungszeitraum 2024 muss der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung nach der bisherigen Regelung bis zum 31.12.2026 erklärt werden.
Hinweis: Neu ist ferner, dass ein Unternehmer ab 2025 auch in einem anderen EU-Mitgliedstaat als Kleinunternehmer auftreten darf. Der Jahresumsatz in der EU darf dann im vorangegangenen Jahr sowie im laufenden Jahr 100.000 € nicht überschreiten; außerdem muss der Unternehmer über eine gültige Kleinunternehmer-Identifikationsnummer verfügen. Der Unternehmer darf zudem in dem anderen EU-Staat die dortigen Umsatzgrenzen für Kleinunternehmer nicht überschreiten. Damit die Einhaltung der Umsatzgrenze überwacht werden kann, muss der Unternehmer an einem besonderen Meldeverfahren für Kleinunternehmer beim Bundeszentralamt für Steuern teilnehmen und vierteljährlich eine sog. Umsatzmeldung abgeben. Das aktuelle Schreiben des BMF enthält hierzu ebenfalls zahlreiche Ausführungen.
Quelle: BMF, Schreiben vom 18.3.2025 – III C 3 – S 7360/00027/044/105